„Der Mythos vom Kostentreiber Aufzug hat ausgedient“

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Der Bauboom in Deutschland sorgt bei den Aufzugsherstellern für volle Auftragsbücher und Engpässen bei den Montagekapazitäten. Martijn Oechies, Mitglied der Geschäftsleitung von Schindler Deutschland, über die Herausforderungen der Aufzugsbranche in den kommenden Jahren.

Herr Oechies, in der Aufzugsbranche geht es ja schon seit einigen Jahren mehr Auf als Ab. Wie beurteilen Sie die Lage?
Das stimmt. Wenn man sich die Marktentwicklung anschaut, geht es steil nach oben. Seit 2010 ist der deutsche Aufzugsmarkt Jahr für Jahr um knapp 10 Prozent gewachsen. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung, die vor allem widerspiegelt, dass viel gebaut wird und die Industrie die gefragten Lösungen für die baulichen Anforderungen der Zukunft bietet.

Wie hat sich Schindler auf dieses Wachstum eingestellt?
Indem wir investieren, um die gestiegene Nachfrage mit den gewohnt hohen Maßstäben an Qualität und Sicherheit zu bedienen. Neben der Erweiterung unserer Produktionskapazitäten und einer effizienteren Logistik ist dabei insbesondere die Identifikation und Qualifikation neuer Fachkräfte wesentlicher Erfolgsgarant.

Wo sehen Sie da die größten Herausforderungen?
Es wird zunehmend schwierig, Fachkräfte zu finden. Schindler investiert daher bereits seit vielen Jahren in die Ausbildung und Qualifikation der eigenen Mitarbeiter. Das ist wichtig, aber auch ein nicht unerheblicher Kostenfaktor. Immerhin muss man bedenken: Auch wenn Aufzüge heutzutage ein hohes Maß an Standardisierung bieten, haben wir es zugespitzt formuliert mit Unikaten zu tun. Jeder Aufzug muss für das entsprechende Gebäude geplant, konfiguriert und schließlich auch montiert werden. Dazu brauchen wir Experten, die für diese Aufgaben qualifiziert und geschult werden. Nur so können wir das hohe Maß an Qualität, Sicherheit und die termingetreue Lieferung gewährleisten, die unsere Kunden von uns erwarten.

Termintreue ist bei vielen Firmen im derzeitigen Baubooms ein Problem. Wie schaffen Sie das?
In der Baubranche haben viele Unternehmen derzeit einen Auftragsvorlauf von einem halben Jahr und mehr. Trotz Schichtarbeit und zusätzlichen Mitarbeitern arbeiten viele am Limit. Laut einer ifo-Umfrage ist der Arbeitskräftemangel derzeit das größte Problem der Branche. Das spüren wir auch. Um unsere Anlagen termingerecht montieren zu können, unterstützen uns inzwischen Schindler-Kollegen aus anderen europäischen Konzerngesellschaften. Dennoch können wir auch durch bauseitige Verzögerungen nicht alle Termine halten und versuchen in diesen Fällen frühzeitig mit den Kunden eine einvernehmliche Lösung zu finden. 

Was tun Sie, um das zu ändern?
Wir erweitern kontinuierlich unsere Montagekapazitäten. Wir rekrutieren und stecken viel Energie in die Ausbildung neuer Kollegen. Zudem schulen wir kontinuierlich unsere Monteure, um noch effizienter und sicherer zu arbeiten und unsere Installationsmethoden zu verbessern. Hier investieren wir richtig, was aber auch die Kosten nach oben treibt. 

Die Aufzüge werden teurer?
Um die hohen Anforderungen halten zu können und termingerecht zu liefern, werden wir einen kleinen Teil der gestiegenen Kosten an den Kunden weitergeben müssen und die Preise geringfügig anpassen. Außerdem werden wir zusätzliche Leistungen, die wir bisher gratis erbracht haben, in Zukunft auch abrechnen, mehrfache Korrekturen der Anlagenzeichnungen etwa oder der Mehraufwand, den kurzfristig abgesagte geplante Abnahmen durch die Zugelassen Überwachungsstellen verursachen. 

Wie wirken sich die gestiegenen Rohstoffpreise auf Ihre Preiskalkulation aus?
Aufzüge und Fahrtreppen bestehen vor allem aus Stahl und weiteren Metallen wie Kupfer und Aluminium. Die Preise dieser Rohmaterialien sind in den letzten zwölf Monaten um bis zu 30 Prozent gestiegen. Das erhöht natürlich die Produktionskosten. Dennoch werden wir versuchen die Preiserhöhungen im Bereich der Rohmaterialien größtenteils selber abzufedern.

Dennoch werden teurere Aufzüge die Baukosten aber weiter nach oben treiben.
Der größte Kostentreiber beim Wohnungsbau sind die Baulandpreise, die in deutschen Großstädten innerhalb von fünf Jahren um mehr als ein Drittel gestiegen sind. Wenn dagegen ein Aufzug drei Prozent mehr kostet, ist das eher zu vernachlässigen. Der Mythos vom Kostentreiber Aufzug hat ausgedient. Aufzüge kosten heute im Vergleich weniger als vor 20 Jahren. 

Das Produkt hat sich aber auch kaum verändert in den vergangenen zwanzig Jahren.
Ganz im Gegenteil. Die vergangenen zwanzig Jahre haben den Aufzug vielleicht mehr verändert, als die hundert Jahre davor. Da spreche ich nicht nur von effizienteren Antrieben, erhöhten Fahrkomfort, mehr Designs, sondern vor allem von der Tatsache, dass die Aufzüge, die wir heute installieren, bereits im Internet der Dinge fahren. So können wir im Zweifelsfall Störungen beheben, bevor sie auftreten und dem Kunden eine Reihe von neuen Services anbieten, die vor zwanzig Jahren noch undenkbar gewesen wären. Wir befinden uns hier erst am Anfang einer Entwicklung, die die Branche nachhaltig verändern wird.

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