Vom aktuellen Gesetzeswortlaut sind aber grundsätzlich auch Dienstleistungen freiberuflicher Büros erfasst. Für diese existieren jedoch keine repräsentativen bundesweiten Tarifverträge, deren Einhaltung im Rahmen einer Rechtsverordnung des Bundes verbindlich vorgeschrieben werden könnten. Ingenieurbüros bieten vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und Nachwuchsproblemen bereits heute Arbeitsbedingungen, die deutlich über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehen.
Das Vergaberecht gewährleistet für Planungsbüro bereits die Einhaltung der gesetzlichen Mindestarbeitsbedingungen. Darüber hinaus besteht für den Bereich der freiberuflich tätigen Planerinnen und Planer kein weiterer Regelungsbedarf. Die derzeit vorgesehenen Schritte zu einer Beschleunigung der Vergabe öffentlicher Aufträge und die Entlastung kleiner und mittelständischer Unternehmen und Büros bei der Beteiligung an Vergabeverfahren dürfen durch das Tariftreuegesetz nicht mit zusätzlichen Informations- und Dokumentationspflichten für Auftragnehmer konterkariert werden
Hierzu hat die Bundesingenieurkammer am 25. Juli 2025 eine Stellungnahme abgegeben.
Hier kann die Stellungnahme im Detail eingesehen werden.
Der Bundesverband der Freien Berufe (BFB) übt erhebliche Kritik
Der Entwurf des Tariftreue-Gesetzes schwäche den Mittelstand zugunsten großer Unternehmen weiter. Der Spitzenverband der Freien Berufe sieht erhebliche Wettbewerbsnachteile beispielsweise für kleine Planungsbüros.
BFB-Hauptgeschäftsführer Peter Klotzki:
„Der bekannt gewordene Entwurf eines Tariftreuegesetzes stellt insbesondere für die planenden Freien Berufe eine weitere wirtschaftliche und bürokratische Belastung dar. Der Entwurf verlangt Standards von kleinen Betrieben, die aus der Welt der großen tarifgebundenen Unternehmen stammen. Große Betriebe haben sowohl beim Umgang mit erhöhtem Verwaltungsaufwand als auch bei finanziellen Mehraufwänden bessere Voraussetzungen.
Die Freien Berufe machen mit rund 1,48 Mio. Selbständigen knapp 40 Prozent aller Selbstständigen aus. Im Schnitt beschäftigen sie Teams mit drei Mitarbeitenden. Tarifliche Strukturen sind nicht gewachsen. Gleichzeitig tragen sie Verantwortung für entscheidende neue Aufgaben wie die Sanierung und Rettung unserer Infrastruktur, etwa Brückenerneuerung durch Ingenieurbüros, Schienenbau oder den Aufbau von neuer Infrastruktur für Nachhaltigkeit wie Windenergie-Parks.
Das Tariftreuegesetz ist die Durchsetzung hoher tariflicher Standards mit der Brechstange, um Tarifbindung staatlich zu fördern. Die Ursachen des abnehmenden Grads der tariflichen und gewerkschaftlichen Bindung haben ihre Ursache auch in sich selbst. Unbeteiligte sollen diese jetzt korrigieren.
Die Drei-Tages-Frist für die Stellungnahme massiv betroffener Berufsgruppen wirkt wie eine Scheinbeteiligung. Am Tariftreuegesetz hängen Existenzen. Die Verbände müssen mehr Zeit zur Stellungnahme bekommen.
Bundeskanzler Merz und Wirtschaftsministerin Reiche müssen den Stopp dieses Vorhabens zur Chefsache machen. Sonst wird „made for Germany“ ein Wunschprojekt bleiben und der Mittelstand wird weiter geschwächt.“