Der Brandschutz im Bauplanungsrecht

Nicht unerhebliche Auswirkungen

Bauplaner 05/2023
Brandschutz und Sicherheitstechnik
Anlagen und Systeme
Brandschutz
Ingenieurbüro – Recht & Finanzen
Recht

Obwohl das Bauordnungsrecht das Handwerkszeug schlechthin für Brandschutzfachplaner ist, kann auch das Bauplanungsrecht nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Erstellung von Brandschutznachweisen haben. Ein Blick in den zuständigen Bebauungsplan kann dazu beitragen, die Planungen und Ausführung von Bauvorhaben zu verbessern und hier vor nachträglichen baulichen Änderungen zu schützen. Denn diese können meist nur noch mit erheblichen Aufwand erfolgen.

Das Bauplanungsrecht ist ein Teilgebiet des öffentlichen Baurechtes in Deutschland und beinhaltet die Ordnung der städtebaulichen Entwicklung. Somit wird festgelegt, ob, in welchem Ausmaß und unter welchen Voraussetzungen ein Grundstück bebaut werden darf. Doch wie sieht es mit Brandschutzaspekten im Bauplanungsrecht aus? 

Das für den Brandschutzfachplaner so überaus wichtige Bauordnungsrecht regelt diverse Anforderungen an den (baulichen) Brandschutz. Nach § 14 Musterbauordnung sind „Bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind“. Doch auch im Bauplanungsrecht sind Anforderungen enthalten, welche den Brandschutz beziehungsweise die Sicherheit der Öffentlichkeit betreffen. So schreibt § 1 (1) Nr. 1 Baugesetzbuch vor, dass bei der Aufstellung von Bauleitplänen „die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung zu berücksichtigen sind“. Planerisch werden diese Anforderungen in den Bauleitplänen – Flächennutzungsplan und Bebauungsplan – festgehalten.
 

Flächennutzungsplan und Bebauungsplan 
Im Flächennutzungsplan wird für das gesamte Gemeindegebiet die Art der Bodennutzung in den Grundzügen dargestellt. Der (verbindliche) Bebauungsplan wird aus dem Flächennutzungsplan entwickelt und stellt das konkrete Ergebnis der Planung eines Teilgebietes dar. In diesem wird unter anderem die bauliche Nutzung von Baugebieten festgehalten, nach § 1 Abs. 2 Baunutzungsverordnung mit der Einteilung in Baugebiete - von allgemeinen Wohngebieten über Gewerbegebiete bis hin zu Sondergebieten - ausgedrückt. Diese Aufzählung zeigt bereits, dass die unterschiedlichen Baugebiete auch unterschiedliche und unter anderem auch erhöhte Anforderungen an den Brandschutz vermuten lassen. 

Art der baulichen Nutzung 
Die Art der baulichen Nutzung, wie oben mit den verschiedenen Baugebieten aufgezählt, hat einen wesentlichen Einfluss auf die Belange des Brandschutzes. So dienen beispielsweise „Kleinsiedlungsgebiete vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen". Diese Definition zeigt, dass die Bauobjekte gegenüber anderen Gebäuden, beispielsweise in  Industriegebieten, wesentlich weniger Brandrisiken aufweisen. Mit eindeutigen Unterschieden nach der Art der baulichen Nutzung wird klar, dass die Nutzung einen wesentlichen Einfluss auf die Anforderungen des Brandschutzes hat. 

Maß der baulichen Nutzung
Das Maß der baulichen Nutzung dient dazu, die Bebauung in einem Baugebiet zu dimensionieren und wird unter anderem durch die Grundflächenzahl, die Geschossflächenzahl und die Anzahl der Vollgeschosse bestimmt. Von diesen genannten Werten lässt sich auf ein bestimmtes Risiko hinsichtlich des Brandschutzes schließen: Ein Baugebiet mit großflächigen und/oder großvolumigen Gebäuden oder mit Gebäuden, die ab Oberkante Fußboden eine bestimmte Höhe erreichen beziehungsweise übersteigen - beispielsweise 7 m oder 22 m, ist naturgemäß deutlich schwieriger zu betrachten als ein Baugebiet, bei dem die Gebäude diese Dimensionen nicht erreichen. 
 

Die Bauweise
Mit der Bauweise wird das Verhältnis eines Gebäudes zu den seitlichen Grundstücksgrenzen geregelt. Sie kann als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden. Dabei müssen die Gebäude in der offenen Bauweise mit seitlichem Grenzabstand, in der geschlossenen Bauweise ohne seitlichen Grenzabstand errichtet werden. Bei der Anforderung an Gebäude mit Abständen wird vor allem im abwehrenden Brandschutz der Vorteil liegen (Stichwort Widerstandslinie), dass hier eine räumliche Trennung zwischen den Gebäuden vorliegt. Bei der Anforderung ohne Abstände liegt hier eine bauliche Trennung vor. Bei der räumlichen Trennung, muss allerdings, je nach Schadenslage, eine Widerstandslinie aufgebaut werden, was wiederum Kräfte der Feuerwehr bindet. Dies wird sich bei einer baulichen Trennung reduzieren, wobei hier das Risiko besteht, dass die bauliche Trennung nicht fachgerecht ausgeführt wurde und eine unbemerkte Ausbreitung eines Brandes entsteht, beispielsweise durch durchlaufende Holzlattungen durch die Trennwand im Dachbereich. Mit überbaubaren beziehungsweise nicht überbaubaren Grundstücksflächen verhält es sich ähnlich, da hier unter Umständen genügend (oder im umgekehrten Falle ungenügend) Abstände zwischen Gebäuden vorhanden sind und mit nicht bebauten Grundstücksflächen eine Reduzierung von „Brand- beziehungsweise Feuerbrücken“ entsteht. 
 

Vom Bauordnungsrecht abweichende Maße
Als Abstandsflächen werden die Flächen vor Gebäuden bezeichnet, die von der Bebauung freizuhalten sind. Dabei müssen nicht nur neben klassischen Gebäuden Abstandsflächen eingehalten werden, sondern auch von anderen Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Zwischen Gebäuden müssen eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung und ein „geordneter Sozialabstand“ vorhanden sein – unerheblich, ob es sich um eine schlichte Mauer oder um die Außenwand eines Gebäudes handelt. Ist die Anlage eine „Anlage, von der Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen“, beispielsweise eine Lagerung brennbarer fester Stoffe im Freien (wie  Rindenmulch), können hier bereits Anforderungen an die Abstände bestehen. In diesem Beispiel wäre nach der Verordnung über die Verhütung von Bränden bei 100 m³ Lagerung ein Abstand von 10 m zu Gebäuden erforderlich. 

Zu geringer Abstand: Brandwand erforderlich
Wird allerdings der allgemein bekannte Abstand, beispielsweise Höhe H min. 3 m, unterschritten, kann es hier zu Auswirkungen hinsichtlich der Brandschutzanforderungen der baulichen Ausführung kommen. Eine Unterschreitung von bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen, die mit einer sogenannten „Experimentierklausel“ nach verschiedenen Landesbauordnungen zulässig ist, ist mittels örtlicher Satzung möglich. Kommt es dabei zu einem Abstand von weniger als 2.50 m, so ist nach MBO § 30 (2) die Ausbildung einer Brandwand erforderlich. Nicht selten kam es dabei schon zu einem „Aufschrei“, wenn bei einem Bauvorhaben diese „Experimentierklausel“ oder auch eine Abweichung von den Abstandsflächen in die Planung mit aufgenommen wurde, aber die Forderung einer Brandwand oder die korrekte Ausführung nicht beachtet wurde, beispielsweise wegen geplanter Öffnungen wie Fenster. Eine Forderung besteht bereits bei Unterschreitung der Abstände von unter 5 m in Industriegebieten. Wird ein Industriebau so geplant, muss die Außenwand aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Dagegen ist bei anderen Außenwänden nur eine schwerentflammbare Ausführung möglich. 
 

Praxisbeispiele, die Fragen aufwerfen 

  • In einem dem Autor bekannten Bebauungsplan für ein Mischgebiet mit zulässigen  „sonstige Gewerbebetrieben“ wurde folgendes gefordert: „Bei mehr als 50 m² fensterlosen Fassadenflächen ist eine Fassadenbegrünung anzubringen. Es können alle Arten von Klettergehölz verwendet werden. Bei Schlingern und Ranken sind Kletterhilfen vorzusehen.“ Da es sich bei Gewerbebetrieben um Gebäude nach Industriebau-Richtlinie handeln kann, sei hier die Frage zu stellen, ob es aus Brandschutzgründen zulässig ist, solch eine –  im Sommer vermutlich ausgetrocknete – Fassadenbegründung anzubringen. Zu fragen ist hier auch, ob die  Fassadenbegrünung zur Außenwand zählt. 
     
  • Die im Baugesetzbuch beziehungsweise in der Baunutzungsverordnung nicht explizit angeführte Löschwasserversorgung wird meist mit der Technischen Regel Arbeitsblatt W 405 "Bereitstellung von Löschwasser durch die öffentliche Trinkwasserversorgung" ermittelt.  Dieses Arbeitsblatt gilt für die Ermittlung des Löschwasserbedarfs. Es ist für die Planung und den Bau ausgewiesener Bebauungsgebiete und für Bauvorhaben im Außenbereich anzuwenden. Zudem gilt dieses Arbeitsblatt „für die Prüfung, in welchem Umfang das Löschwasser aus dem öffentlichen Trinkwasserrohrnetz jeweils entnommen werden kann“. Es legt abhängig von Baugebiet, Zahl der Vollgeschosse, Geschossflächenzahl, Baumassenzahl und der Gefahr der Brandausbreitung fest, welche Löschwassermenge zur Verfügung stehen muss. Auch hier können Fehlplanungen vorprogrammiert sein, wenn es nach dem genannten Arbeitsblatt beispielsweise bei einem Gewerbegebiet zu 96 m³/h (1.600 l/min), aber bei der Größe eines Industriebaues von 4.000 m²in diesem Gewerbegebiet  zu einer Forderung von 192 m²/h (3.200 l/min) kommt. Ein Streit zwischen Bauherrn und Gemeinde ist hier zu erwarten, da die Gemeinde die notwendigen Löschwasserversorgungsanlagen bereitzustellen und zu unterhalten hat, sich auf der anderen Seite Bauherr und Planer auf einen Bebauungsplan verlassen haben, in dem nur die Forderungen aus dem genannten Arbeitsblatt bei der Erschließung erfüllt worden sein sollen. 
     
  • Eine dem Autor bekannte Forderung in einem Bebauungsplan lautet: „Sofern innerhalb der Hilfsfrist von 10 Minuten der zweite Rettungsweg über entsprechend ausreichende Leitern der Feuerwehr nicht sichergestellt werden kann, sind zwei voneinander unabhängige bauliche Rettungswege, sprich Treppen, erforderlich.“ Dies birgt natürlich das Risiko, dass bei Planungen die zuständige Brandschutzdienststelle beziehungsweise zuständige Feuerwehr  nicht mit eingebunden wird. Kann nun die Hilfsfrist nicht eingehalten werden und ist diese Information im Vorfeld nicht eingeholt worden, können auch hier erhebliche Planungs- beziehungsweise Ausführungsmängel entstehen, die sich nur schwer heilen lassen.
     
  • Zudem seien hier noch stichpunktartig Festsetzungen aus § 9 BauGB aufgeführt, bei denen es ebenfalls zu Konfrontationen kommen kann, wenn diese nicht bedacht werden: 
    • Flächen für Stellplätze (Stichworte Hubrettungsfahrzeug und Anleiterung). 
    • Flächen für das Parken von Fahrzeugen (Stichworte Hubrettungsfahrzeug und Anleiterung). 
    • Führung von oberirdischen Versorgungsanlagen und –leitungen (Stichwort Anleiterung mittels Drehleiter). 
    • Führung von unterirdischen Versorgungsanlagen und –leitungen (Stichwort Abstützung beziehungsweise Gewicht Einsatzfahrzeuge). 
    • Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft (Stichwort Löschwasserrückhaltung). 

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