Gegen die Verhaftung von Mitarbeitern des Istanbuler Büros der türkischen Architektenkammer und die Zwangsräumung der Büros hat die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, Barbara Ettinger-Brinckmann, in einem Brief an den türkischen Ministerpräsidenten protestiert. „Die Kolleginnen und Kollegen in Istanbul sehen sich erneut, wie schon 2013, Repressalien ausgesetzt, weil sie ihre Meinung frei äußern, professionelle und nachvollziehbare Argumente haben und sich daher gegen die Bebauung des Gezi-Parks wandten. 2013 hat man die Kammern und Verbände ihrer Rechte weitenteils beraubt. Nun, am Jahrestag der Gezi-Proteste, scheut die Regierung nicht davor zurück, den Versuch zu unternehmen, die ihr unliebsamen Geister durch Zwangsräumung und Festnahme einzuschüchtern. All dies ist mit einem demokratischen Staat, der auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union hofft, nicht zu vereinbaren“.
Die Proteste hatten sich 2013 zunächst gegen ein umstrittenes Bauprojekt im Gezi-Park gerichtet, entwickelten sich dann aber zu landesweiten Demonstrationen gegen die Regierungspartei AKP. Bei der Niederschlagung des Protestes in Istanbul, die der damalige Ministerpräsident und heutige Staatspräsident Erdogan veranlasste, starben acht Menschen. Tausende wurden verletzt.
Die Istanbuler Kammer hatte gegen die Kündigung ihrer Büroräume, die dem Staat gehören, Einspruch eingelegt. Nun erfolgte ohne weiteres die Zwangsräumung. Darin sehen die türkischen Vertreter der Architekten einen Rechtsbruch.
In ihrem Brief an den Ministerpräsidenten betonte Ettinger-Brinckmann die Notwendigkeit des Diskurses für eine freiheitliche Gesellschaft. Architekten nähmen aktiv an gesellschaftlichen Prozessen teil. Dies müsse im Sinne einer Zivilgesellschaft gefördert werden und nicht durch Repressalien erstickt werden.