Im Rahmen des „Energietages“ der Architektenkammer Niedersachsen am 11. November 2015 in Hannover wies Kammerpräsident Wolfgang Schneider auf die zum 1. Januar 2016 in Kraft tretende Verschärfung der Energieeinsparverordnung, kurz EnEV, hin. Er machte deutlich, welche Auswirkungen auch auf private Bauherren zukommen.
Die letzte Novellierung der EnEV 2014 hatte zahlreiche Anregungen der Architektenschaft aufgenommen. So war es beispielsweise zu keiner weiteren Verschärfung der Anforderungen im Altbau gekommen. Dies sei sehr positiv gewesen, so Schneider, da niemand die gründerzeitlichen Viertel mit ihrem hohen Wohnwert weiter hinter eintöniger Wärmedämmung verstecken wollte.
Auch 2016 werden die Ansprüche an den Bestand nicht erhöht. Im Neubau jedoch werden die erneut gesteigerten Anforderungen und deren Umsetzung zu einer Verteuerung des Bauens führen. Die primärenergetischen Anforderungen im Bereich des Neubaus werden dann nochmals um 25 Prozent verschärft.
Schneider forderte nun eine längere „Denkpause“ bei der Weiterentwicklung der EnEV einzuhalten, die angekündigten Anforderungen seien technisch und architektonisch bereits jetzt nur schwer umzusetzen und schon gar nicht zum Nulltarif zu erreichen. Die Möglichkeiten der Anlagentechnik stoßen mittlerweile an ihre Grenzen und auch baulich könnten die geforderten Werte nicht durch immer kleinere Fenster und dickere Dämmpakete erzwungen werden. Notwendig seien neue Ideen und Forschung, um die effektivsten Konzepte zur Steigerung von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zu identifizieren und gestalterisch hochwertige Produkte dafür zu entwickeln. Eine einseitige Ausrichtung des Bauens auf die Energieeffizienz greife zu kurz, der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes, seine Kosten sowie die Ökobilanzen der eingesetzten Materialien von der Herstellung bis zur Entsorgung müssten stärker als bisher berücksichtigt werden. Schneider betonte, dass der Berufsstand der Architekten durch seine Kompetenzen in der Lage sei, Strategien zu finden, um gut gestaltete, nachhaltige Gebäude zu schaffen, deren Gesamtkonzepte überzeugten und die Stadtgestalt für die Zukunft prägten.
Die neue EnEV lasse die Kosten des Bauens weiter ansteigen und damit auch die Belastungen für die Bauherren. Das Wirtschaftlichkeitsgebot des Erneuerbare-Energien-Gesetzes könne so nicht erfüllt werden.
Schneider ging auch auf das für Bauherren wichtige Thema Energieausweis ein. Hier sei weiterhin keine Verbesserung für die Verbraucher absehbar. Nach wie vor könnten drei verschiedene Berechnungsverfahren zur Ausstellung des Ausweises verwendet werden. Angesichts der Tatsache, dass der Energieausweis keineswegs die gewünschten Effekte von Transparenz und Anreiz zur Steigerung der Energieeffizienz erreiche, stehe er in einem völligen Missverhältnis zu den erzielbaren Effekten. Schneider forderte ein einfaches und einheitliches System mit nur einem Berechnungsverfahren. Nur dies sei für Bauherren nachvollziehbar.
Die EnEV, so der Kammerpräsident, sollte im individuellen Umgang mit einzelnen Gebäuden – auch im Sinne des Erhalts einer baukulturellen Identität – mehr planerische Flexibilität ermöglichen. Nachhaltigkeit entstünde durch qualitätvolle Planung und vor allem durch eine ganzheitliche Betrachtungsweise.
„Um diese zu erreichen braucht es von Gewerken und Produkten unabhängige Planer. Architekten sind hier die fachlich besten Ratgeber für Bauherren“, sagte Schneider.
Energieberater, die ihre fachliche Kompetenz nachgewiesen haben, finden Bauherren auf der Internetseite der Architektenkammer Niedersachsen unter: www.aknds.de/bauherren_energieberatung.html