Architekten, Industriedesigner und Ingenieure entdecken zunehmend die Natur als Ideengeber bei der Entwicklung und Gestaltung von Baukonstruktionen und Produkten. Die neue Richtlinie VDI 6226 Blatt 1 der VDI-Gesellschaft Technologies of Life Sciences zeigt verschiedene Wege auf, wie biologische Anwendungs- und bionische Übertragungsmöglichkeiten sowohl für die Lösung konkreter Konstruktions-Fragestellungen als auch für die Prozesse des Entwerfens in diesen Disziplinen eingesetzt werden können.
VDI 6226 Blatt 1 beinhaltet zahlreiche Begriffsdefinitionen und betrachtet Ziele und Chancen der Bionik in Architektur, Ingenieurbau und Industriedesign. Bionische Lösungen in diesen Bereichen sind stets als ein Zusammenspiel von Funktion und Gestaltung zu sehen. An Baukonstruktionen werden beispielsweise immer komplexere und im Laufe des Lebenszyklus sich verändernde Anforderungen aus Nutzung, Ökologie und Ökonomie gestellt. Ganzheitliche neue Ansätze für effiziente Gebäudestrukturen lassen sich aus Strategien und Konstruktionsprinzipien der Natur ableiten und mit der interdisziplinären Methodik der Bionik umsetzen.
Erfolgreiches Beispiel einer solchen Konstruktion ist das mit dem Bionic Award 2012 ausgezeichnete Sonnenschutzsystem Flectofin® für Gebäudefassaden nach dem Vorbild der Strelizienblüte. Die technische Idee beim Flectofin® besteht darin, dass an die Stelle lokal angeordneter Scharnier-, Gelenk- und Winkelverbindungen großflächige elastische Verformungen treten. Mit einer Reihe von Flectofin®-Lamellen lassen sich Glaskuppeln wie beispielsweise der Reichstag in Berlin adaptiv verschatten und tragen so zur energieeffizienten Kühlung von Gebäuden bei.