Von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) zertifizierte Projekte haben ab sofort die Möglichkeit, sich für eine Pilotphase zur Bewertung der gestalterischen und baukulturellen Qualität anzumelden. Dabei durchlaufen sie einen Beurteilungsprozess durch einen von der DGNB, der Bundesarchitektenkammer und dem Bund Deutscher Architekten (BDA) berufenen Beirat für Gestaltungsqualität. Als Ergebnis winkt eine das Zertifikat ergänzende Auszeichnung. Auch Gebäude, die ein DGNB Vorzertifikat anstreben, sind angesprochen. Bei diesen hat die Prüfung das Ziel, Handlungsempfehlungen in einer frühen Phase zu erhalten, um das Projekt unter Aspekten der Gestaltung und Baukultur zu optimieren. Der Startschuss zur Pilotphase fällt am 5. Oktober 2015 im Rahmen der EXPO REAL in München.
Die Frage nach der Bewertung der gestalterischen Qualität eines Gebäudes beschäftigt die DGNB seit ihrer Gründung. „Von Beginn an war es immer auch unser Ziel, mit der DGNB Impulse im Sinne der Baukultur zu setzen“, erklärt DGNB Vizepräsident Martin Haas. Die entscheidende Frage: Wie lassen sie sich miteinander in Einklang bringen – das auf quantitativ messbaren Faktoren beruhende DGNB System und die weitgehend nur qualitativ zu bewertende Gestaltqualität eines Gebäudes?
Um eine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage zu erhalten, hat die DGNB gemeinsam mit den Architektenkammern und dem BDA im Frühjahr einen Prozess gestartet, bei dem zahlreiche Experten eingeladen wurden, einen Lösungsansatz zu erarbeiten. Haas: „Dies waren nicht nur Fachleute aus dem Kreis der DGNB Mitglieder, sondern auch Externe. Nicht nur DGNB-nahe Experten, sondern auch Zertifizierungs-Kritiker. Nicht allein Architekten, sondern auch Stadtplaner und Ingenieure.“
Herausgekommen ist ein zweistufiger Ansatz, der einerseits die belohnt, die in der Gebäudeumsetzung eine hervorragende gestalterische und baukulturelle Qualität erzielen konnten. Andererseits will die DGNB die Auseinandersetzung mit gestalterischen Fragestellungen zu einem frühen Planungszeitpunkt fördern und über projektspezifische Handlungsempfehlungen positive Impulse setzen.
Architektenkammern, BDA und DGNB berufen Beirat für Gestaltungsqualität
Beide Prüfungsformen werden von einem qualifizierten Beirat für Gestaltungsqualität durchgeführt, dessen Mitglieder eigens dazu von der DGNB, den Architektenkammern und dem BDA berufen werden. „Wir begrüßen diesen Schritt der DGNB sehr, denn aus unserer Sicht sind Bauwerke erst dann tatsächlich nachhaltig, wenn sie auch von gestalterischer und baukultureller Qualität sind“, sagt Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer. Dies bestätigend äußert sich auch Heiner Farwick, Präsident des BDA: „Unser gemeinsames Ziel ist es, ein stärkeres Bewusstsein zu schaffen für die Bedeutung der gestalterischen Qualität im Planungs- und Bauprozess. Diesem könnten wir mit der erarbeiteten Lösung ein gutes Stück weit näher kommen.“
Inhaltlich basiert die qualitative Bewertung auf fünf wesentlichen Kriterien. Hier zählen die „Angemessenheit“, bei der die Zeitlosigkeit der Architektur im Vordergrund steht, sowie der „Kontext“, mit dem unter anderem die städtebauliche Einbindung in die Nachbarschaft und der Umgang mit Freiflächen betrachtet werden. Aspekte wie Proportion, Komposition und die Gesamtanmutung fallen in den Bereich „Gestalt“. Beim Kriterium „Konstruktion“ werden das Tragwerk, die Umsetzung von Details, die Materialität wie auch die Farbgebung betrachtet. Beim „Grundriss“ fließen sowohl Form und Flexibilität, als auch funktionale Aspekte in die Bewertung mit ein.
Mit der Integration der gestalterischen und baukulturellen Qualität in die Gebäudezertifizierung in einer derart grundlegenden Weise sorgt die DGNB für ein Novum. Vergleichbare Green-Building-Labels grenzen das Thema weitgehend aus. Dabei folgt die DGNB mit dem neu angestoßenen Projekt einem aus dem Markt vielfach vorgebrachten Wunsch. Entsprechend positiv ist die Reaktion. „Egal, mit wem wir sprechen: Unser Engagement in diesem Bereich wird sehr wohlwollend aufgenommen“, so Martin Haas. Selbst in Investorenkreisen stößt die DGNB weitgehend auf Zustimmung. So wird gerade bei Objekten in bevorzugten Lagen eine gute gestalterische und baukulturelle Qualität als Wert anerkannt, der etwa zur positiven Markenbildung beitragen kann.
Anmeldung zur Pilotphase ab sofort möglich
Projekte, die an einer Teilnahme an der Pilotphase interessiert sind, haben noch bis zum 26. November 2015 die Möglichkeit, sich bei der DGNB anzumelden. Dies gilt sowohl für Projekte, die sich für ein DGNB Vorzertifikat oder Zertifikat angemeldet haben und sich noch in einer frühen Leistungsphase befinden, als auch für solche, die bereits ein Gebäudezertifikat erhalten haben und sich einer Prüfung der gestalterischen Qualität unterziehen möchten. Als Belohnung winkt eine das Zertifikat ergänzende Auszeichnung.
Die Kosten für eine Teilnahme an der Pilotphase beschränken sich weitgehend auf die Bearbeitungs- und Herstellungsgebühr der zusätzlichen Auszeichnung sowie die Aufwände der Beiratsmitglieder für die Begehung des Objekts. Dabei liegt der Preis für die Prüfung eines bereits zertifizierten Gebäudes für DGNB Mitglieder bei 5.600 Euro, Nicht-Mitglieder zahlen 8.000 Euro. Die planungsbegleitenden Handlungsempfehlungen kosten für DGNB Mitglieder 2.000 Euro, Nicht-Mitglieder zahlen 4.000 Euro. Alle Preise verstehen sich zuzüglich Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe. Für die ersten zehn zur Pilotphase angemeldeten Projekte gibt es zudem Sonderrabatte. So sind die Handlungsempfehlungen für Projekte, bei denen der Bauherr oder Architekt DGNB Mitglied ist, komplett kostenlos.
Pressegespräch zum Start der Pilotphase auf der Expo Real
Bei der EXPO REAL, die vom 5. bis 7. Oktober in München stattfindet, werden im Rahmen eines Pressegesprächs am ersten Messetag (Montag, 5.10.2015, 13:20 bis 13:45 Uhr, Stand A2.332) alle Details zur Pilotphase vorgestellt. Auf der Messe präsentiert sich die DGNB gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer, dem Bundesumweltministerium und der Bundesstiftung Baukultur auf einem Gemeinschaftsstand – in diesem Jahr unter dem Motto „Sustainable Baukultur“.