Autark(er) werden

green BUILDING 3/2019 (#91)

Photovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern rechnen sich nicht nur im Sommer. Eine Analyse von Polarstern zeigt: Auch in Frühling und Herbst erreichte ein typischer Einfamilienhaushalt  it Photovoltaikanlage und Speicher im letzten Jahr Autarkiegrade von 50 bis 70 Prozent – ohne Speicher wäre es etwa die Hälfte gewesen.

Photovoltaik liefert auch in unseren Breitengraden nicht nur im Sommer ausreichend Energie für Einfamilienhäuser. An einzelnen Tagen des vergangenen Winters konnten Autarkiewerte von rund 75 Prozent erzielt werden.[1] Experten rechnen angesichts der technischen Entwicklung bei PV-Modulen mit weiteren Steigerungen. Bereits in den vergangenen fünf Jahren hat sich die Leistung der Module um fast ein Drittel verbessert. Gerade bei bewölktem Himmel und in einem größeren Temperaturspektrum hat sich der Wirkungsgrad verbessert. Die Installation eines Stromspeichers hat  dann einen steigenden Einfluss auf die ganzjährige Autarkie.

Zudem fördern die klimatischen Entwicklungen die Stromautarkie der Haushalte: Seit dem Jahr 2000 lag die Sonnenscheindauer im Winter und  Frühling in 70 bzw. 60 Prozent der Fälle über dem langjährigen Saisonmittel. Mit etwa 2020 Sonnenstunden registrierte der Deutsche Wetterdienst 2018 das sonnenscheinreichste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.

Daneben hat es jeder Haushalt zum gewissen Teil selbst in der Hand, seine Stromerzeugung zu steigern und Strom bewusster zu nutzen – unterstützt durch verbrauchsabhängige Eigenstromtarife.

Solarstrom im Winter nutzen  
Um im Winter möglichst viel Solarstrom zu nutzen, bietet sich die Verknüpfung von Photovoltaikanlage und Wärmeversorgung an, etwa über eine Wärmepumpe. Schließlich ist die Sonneneinstrahlung nur ein paar Stunden mitten am Tag ideal, dann, wenn viele Bewohner nicht zuhause sind. „Der Solarstrom kann in dieser Zeit direkt einen Wärmespeicher füllen. Andernfalls decken Haushalte im Winter mit ihrer PV-Anlage nur einen Teil ihrer Grundlast, also den Strombedarf von Geräten, die ständig in Betrieb sind, wie Kühlschrank oder Router und Co.“, berichtet Florian Henle, Geschäftsführer des Ökoenergieversorgers Polarstern.

Ein Dreipersonenhaushalt mit Wärmepumpe und PV-Anlage kann rund 30 Prozent seines gesamten Jahresstrombedarfs  mit eigenem Solarstrom decken, mit einem zusätzlichen Speicher sogar über 70 Prozent. Das entspricht eingesparten Heizkosten von mehreren hundert Euro – verglichen mit Haushalten mit Wärmepumpe, aber ohne PV-Anlage und Speicher.

Höherer Solarertrag der PV-Module
Die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen ist in den vergangenen fünf Jahren deutlich gestiegen. „Während die Preise über die Hälfte gefallen sind, hatsich der Wirkungsgrad von PV-Modulen  um rund 30 Prozent verbessert“, sagt Daniel Schmitt, Geschäftsführer des PVund Speicher-Großhändlers Memodo. Neue Anlagen erzeugen heute auch beileicht bedecktem Himmel – Experten  sprechen von Schwachlichtverhalten – und bei sehr hohen Temperaturen deutlich mehr Strom als früher. Das zeigt  sich ganzjährig in der Stromerzeugung. „Mit den heutigen Standardmodulen erzeugt ein typischer Haushalt mit einer Dachanlage von nur zehn Solarmodulen rund 3.100 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Das deckt bilanziell fast den jährlichen Gesamtstrombedarf eines Dreipersonenhaushalts“, sagt Daniel Schmitt. Im Bereich der Hochleistungsmodule sei noch einmal deutlich mehr  möglich. Sie kosten im Schnitt aber auchrund das Doppelte. Mit der Back-Contact-  Technologie und Halbzellenmodulen wird die Leistung gerade bei schwacher Sonnenstrahlung durch Bewölkungund Verschattung gesteigert. Bis diese  Technologien in Standardmodulen verbaut seien, dauere es aber noch ein paar Jahre, so der PV-Experte.

Darauf zu warten, lohnt sich jedoch nicht. „Selbst erzeugter Strom ist heute bereits rund 60 Prozent günstiger als typischer Haushaltsstrom aus dem öffentlichen Netz“, sagt Florian Henle vom Ökoenergieversorger Polarstern. Zudem liege die Unabhängigkeit mit einer neuen Photovoltaikanlage bereits bei rund 30 Prozent und mit einem zusätzlichen Speicher mehr als doppelt  so hoch. „Da braucht es nur noch wenig trom aus dem öffentlichen Netz.“ Hinzu komme die EEG-Einspeisevergütung für zu viel erzeugten Strom. Sie wird nach heutigem Stand mit Erreichen des Zubau-Deckels von 52 Gigawatt in rund zwei Jahren auslaufen.

„Um möglichst viel Strom selbst zu nutzen, sind Speicher eine sinnvolle Ergänzung“, sagt PV- und Speicher-Experte Daniel Schmitt. Ein Speicher koste heute 50 Prozent weniger als noch 2016. Bisher steigerten Speicher vor allem im Sommer die Autarkie der Haushalte. Im Winter war dieser Effekt gering, weilgerade bei etwas älteren Modulen der  erzeugte Strom direkt verbraucht wurde. Das ändert sich mit den leistungsstärkeren Modulen und höherer Stromerzeugung.

Sonnenschein smart nutzen
Mit smarten Steckern, intelligent vernetzten Geräten und Haushaltsrobotern können Haushalte selbst ihren Strombedarf dem Sonnenschein anpassen.

Das steigert ihre Autarkie und senkt ihre Stromkosten. Besonders die intelligente Heizungssteuerung soll laut Untersuchungen  helfen, Energiekosten zu senken. In verschiedenen Feldstudien haben Testhaushalte 10 bis rund 30Prozent Heizenergie gespart. Intelligente Heizungsthermostate berücksichtigen  nicht nur die An- und Abwesenheit der Bewohner, sondern beziehen zur Steuerung der Raumtemperatur auch aktuelle Wetterdaten sowie die Gebäudeeigenschaften ein.

Bewusst Strom verbrauchen  
Studien zeigen, dass Haushalte mit Photovoltaikanlage oft mehr Strom verbrauchen als ohne. „Das liegt zwar auch daran, dass sie häufiger als andere Haushalte große Stromverbraucher haben wie Wärmepumpen und Elektroautos“,  betont Florian Henle von Polarstern.Aber leider werde selbst erzeugter  Strom auch schnell „verschwendet“, weil er eben weniger koste. „Dabei könnten die Haushalte mit einem bewussteren Stromverbrauch ihren Autarkiegradaus eigener Kraft erhöhen und so noch mehr  sparen.“ Unterstützt werde dies durch Eigenstromangebote, die gemäß des tatsächlichen Strombedarfs abrechnetenanstelle hoher Strom-Flatrates, die den verschwenderischen Umgang mit Strom sogar noch unterstützten.  Das Wirklich Eigenstrom-Angebot von Polarstern beispielsweise lässt sich flexibel mit jeder geplanten oder bereits installierten PV-Anlage und gegebenenfalls Speicher kombinieren. Abgerechnetwerden allein die benötigten Kilowattstunden, ohne Grundgebühr.
Zusätzlich ermöglichen Smart Meter, den Stromverbrauch sekundengenau im Blick zu behalten. Allein das führt zu einem bewussteren Stromverbrauch und in der Folge zu Stromkostenersparnissen von  rund 15 Prozent.  

Informationen zu den Vorteilen der Verknüpfung von PV-Anlage, Speicher und  Wärmepumpe: www.polarstern-energie.de/presse/mitteilung/pv-anlage-und-waermepumpe/

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© Foto: Ken Schluchtmann, diephotodesigner.de

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