Editorial

Deutsches Ingenieurblatt 05/2022

Liebe Leserinnen und Leser,
„Wie wollen wir leben?“, fragt die Dachzeile eines Beitrags dieser Ausgabe. Zwei Masterabsolventen der Ingenieurwissenschaften haben zur nachhaltigen Stadtentwicklung und dem Potenzial von Quartieren geforscht und Vorschläge erarbeitet, wie diese sich weiterentwickeln sollten. Es ist ein spannendes Thema, das in Bezug auf die Bau- und wohnungspolitische Lage in Deutschland aktueller nicht sein könnte. Dass wir uns in der Betrachtung nicht ausschließlich auf die Anzahl der erforderlichen Wohnungen beschränken können, ist in der Branche bereits seit Jahren bekannt. Wer baut, muss heutzutage auch immer die Interessen aller Beteiligten und Betroffenen im Blick haben. Gentrifizierung, Segregation, demografischer Wandel, Zuwanderung, Infrastrukturmaßnahmen, Versorgungsstabilität. Schlagworte, die den Planenden leicht von den Lippen kommen (müssen), denn es geht nicht mehr darum, lediglich bauliche Lücken zu schließen. Jede Stadt, jeder Stadtteil, jedes Quartier muss in seiner Gesamtheit betrachtet werden. Auch, um den gesellschaftlichen Herausforderungen in Zukunft gewachsen sein zu können – ohne einer geschlossenen Siedlungsbildung Vorschub zu leisten oder der Verödung ganzer Straßenzüge, denen die ursprüngliche Bestimmung abhandengekommen ist.

Wenn wir über Quartiersbildung reden, haben die Verantwortlichen mittlerweile häufig das Ziel vor Augen, langfristig sowohl wirtschaftlich als auch kulturell und strukturell eine gesunde Mischung aller gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen. Aus- und Abgrenzung von bestimmten Bevölkerungsteilen, die Klassifizierung nach einkommensstarken und einkommensschwachen Wohngebieten, führt – das hat sich in der Vergangenheit häufig genug gezeigt – lediglich dazu, die Kluft zwischen den Menschen zu vergrößern und Integration unnötig zu erschweren. Das Ideal einer heterogenen Gesellschaft hat dabei nichts mit sozialromantischen Mätzchen zu tun. Vielmehr sind zahlreiche humanitäre Aspekte zu beachten, wenn wir Lebensräume neu denken. Da wäre in Deutschland beispielsweise auch der Umstand maßgebend, dass wir eine alternde Gesellschaft sind. Es geht uns gut und dank unserer ausgebauten Infrastruktur, unseres Gesundheitswesens und zahlreicher anderer Faktoren können die Menschen in unserem Land ein hohes Alter erreichen; und häufig selbstbestimmt und unabhängig von den unterschiedlichsten Stadien ihrer Mobilität und ihres Wohlbefindens ihren Alltag bestreiten.

Und dann ist da ein weiterer Fakt, den wir nicht von der Hand weisen können: Ende 2020 waren 82,4 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Konflikten und Verfolgung. 86 % der Geflüchteten weltweit leben in Entwicklungsländern, 80 % aller Vertriebenen in Regionen, in denen akute Ernährungsunsicherheit und Unterernährung herrschen. Die Zahlen steigen kontinuierlich weiter. Hunger, Kämpfe und Klimakatastrophen zwingen viele Millionen Menschen dazu, Hilfe und Schutz in anderen Regionen oder Ländern zu suchen.

Nachlesen lässt sich das unter anderem auf den Seiten der UNO-Flüchtlingshilfe.

Wir können schon lange nicht mehr davon ausgehen, dass Flucht und Vertreibung ein kurzfristiges und vorübergehendes Phänomen sind. Ganze Völker sind erzwungenermaßen auf Wanderung, weitere werden hinzukommen. Das wird natürlich auch Einfluss auf unser Zusammenleben haben. Eine flexible, offene und integrativ agierende Gesellschaft, die Zuwanderung unter anderem als Chance begreift, tut sich selbst einen Gefallen, wenn sie Raum für jeden schafft, der in Deutschland eine neue Zukunft sucht und Teil unserer Lebensweise werden möchte. Das aktive Einbinden unserer Mitmenschen, sowohl emotional als auch örtlich, ist dabei ein wichtiger Impuls.

 

Newsletter

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit „Bauplaner News“, unserem 14-tägigen E-Mail-Service, der Bauingenieur:innen und Planer:innen über die neuesten Entwicklungen informiert.

Erhalten Sie aktuelle Nachrichten aus der Branche, Einblicke aus der Bauforschung und Neuigkeiten aus der Industrie direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

Sie können dem Erhalt des Newsletters jederzeit über einen Abmeldelink widersprechen. 

Ihre E-Mail-Adresse wird ausschließlich zur Versendung des Newsletters verwendet und nicht an Dritte weitergegeben.

Die Datenschutzerklärung des Newsletter-Dienstleisters CleverReach finden Sie hier.

Abonnieren Sie jetzt kostenlos den 14-tägigen Newsletter "Bauplaner News": 

 

Ähnliche Beiträge

Anzeige


© Stadtwerke München GmbH

Für eine nachhaltige Zukunft: Ingenieur*in bei den Stadtwerken München werden

Die Stadtwerke München (SWM) verfolgen ein wichtiges Ziel: eine sichere und zugleich zukunftsorientierte Versorgung der Stadt. Dafür braucht es kluge Köpfe, die Verantwortung übernehmen und innovative Lösungen entwickeln. Wer Lust hat, die Nachhaltigkeit in einer der dynamischsten Städte Deutschlands voranzutreiben, ist hier also genau richtig – denn mit mehr als 10.000 Mitarbeitenden engagieren sich die SWM seit über 100 Jahren leidenschaftlich dafür, München zukunftsfähig zu machen.     
Lesen Sie mehr >>

Anzeige


© Reflex Winkelmann GmbH

Webinar Reflex „Thermische Energiespeicher: Ein Baustein für hydraulische Lösungsansätze in Hybridsystemen“ (6.12.) 

Hybridsysteme garantieren bei korrekter Planung und Auslegung einen hocheffizienten und sicheren Betrieb, gerade bei Anlagen größerer Leistungen. In den Fokus rücken heute verstärkt multivalente Lösungen, etwa in Verbindung mit Wärmepumpen und Gas Brennwertkessel. Über die Vorteile der Multiflow-Serie, mit denen erneuerbare Energiequellen mit fossilen kombiniert werden können: Florian Füssner (SINUS).

Jetzt anmelden >>

Anzeige


© Ken Schluchtmann, diephotodesigner.de

Neue Planungsmethode – Gebäudetyp E

Zur Erreichung des politisch gewollten bezahlbaren Bauens und Wohnens wurde immer wieder die Möglichkeit der Abweichung von den in Deutschland hohen Baustandards diskutiert, die durch die fortschreitende Normierung und Regulierung das Bauen zusätzlich verteuert. Die Bundesingenieurkammer unterstützte dabei zusammen mit der Bundesarchitektenkammer eine unter dem Arbeitstitel „Gebäudetyp E“ von der Bayerischen Architektenkammer gestarteten Initiative, der sich auch die Ingenieurekammer-Bau angeschlossen hatte, welche eine vereinfachte Abweichung von bauaufsichtlich eingeführten Technischen Baubestimmungen und allgemein anerkannten Regeln der Technik (aRdT) zum Ziel hat.     Lesen Sie mehr >>