Am Ufer der Schwentine, kurz vor der Mündung in die Kieler Förde, ist nach Plänen von Staab Architekten ein Forschungs- und Lehrgebäude mit 14.500 Quadratmetern Nutzfläche entstanden. Hier untersuchen Wissenschaftler chemische, physikalische, biologische und geologische Prozesse in den Ozeanen und deren Auswirkungen auf Meeresboden und Atmosphäre. Die Einrichtung kooperiert mit der Universität Kiel bei der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Funktionale Vielfalt bestimmt Gebäudestruktur
Der Neubau vereint spezialisierte Labore, Lagerräume für Expeditionsausrüstung, Konferenzeinrichtungen und universitäre Lehrbereiche. Fünf unterschiedlich dimensionierte Baukörper sitzen auf einem gemeinsamen Sockel und setzen die Gebäudekanten der flussaufwärts gelegenen Bestandsbauten fort. Die versetzten Kuben bilden Innenhöfe aus und ermöglichen Blickbeziehungen zur Förde und den am institutseigenen Kai liegenden Forschungsschiffen. Eine mehrere Kilometer lange Rohrleitung transportiert unkontaminiertes Ostseewasser direkt aus der Förde in die Labore.
Sonderkonstruktionen für Laborbetrieb
Die unterschiedlichen Nutzungen stellten besondere Anforderungen an die Türsysteme. Jens Dunkel, Geschäftsführer des ausführenden Unternehmens Glas- und Bauelemente, erläutert: „Das Geomar ist ein herausragendes Projekt, weil es hochmoderne Forschungsinfrastruktur mit speziellen Anforderungen an Sicherheit, Klima- und Druckverhältnisse kombiniert. Besonders bei den Türen waren außergewöhnliche Lösungen gefragt, da sie nicht nur als Raumtrenner oder Zugänge dienen, sondern auch funktionale Aufgaben wie Druckausgleich, Schallschutz und Brandschutz erfüllen mussten.“
Neben der technischen Ausstattung erforderten auch die Abmessungen vieler Türen Sondergenehmigungen. Drei Einheiten erreichen eine Gesamtbreite von 2.287 Millimetern, eine weitere misst 3.410 Millimeter. Dunkel ergänzt: „Einige Türen waren so groß oder technisch anspruchsvoll, dass sie nicht in einem Stück produziert oder transportiert werden konnten. Daher wurden sie in zwei Teilen gefertigt und vor Ort zusammengesetzt, um Stabilität und Funktionalität zu gewährleisten. Dies war insbesondere bei Türen mit besonderen Anforderungen an die Rauchdichtigkeit notwendig.“
Regulatorische Anforderungen bei Sonderkonstruktionen
Eine Zustimmung im Einzelfall wird erforderlich, wenn Türelemente von bestehenden Normen und Zulassungen abweichen. Dies betrifft etwa nicht standardisiert geprüfte Materialkombinationen oder außergewöhnliche Funktionen wie das Standhalten extremer Druckunterschiede. Dabei müssen die Konstruktionen sicher schließen und sich in Fluchtwegen mit definiertem Kraftaufwand öffnen lassen.
Einige Türsysteme trennen Räume mit unterschiedlichem Luftdruck. Dunkel erklärt die technische Umsetzung: „Dies wird durch spezielle Dichtungen, verstärkte Türblätter und passgenaue Zargen erreicht. Zusätzlich kommen oft automatische Schließmechanismen und Druckentlastungsysteme zum Einsatz, um den Kräften, die durch den Druckunterschied entstehen, standzuhalten.“
Millimetergenaue Fertigung und Montage
Einige Türelemente wurden direkt ohne Abstand nebeneinander eingebaut. Die Fertigung und Montage erfordert dabei Millimetergenauigkeit, um Dichtheit und Funktion zu gewährleisten. Eine Schiebetür direkt vor einem Aufzug stellte zusätzliche Anforderungen. Dunkel betont: „Schiebetüren müssen oft gleichzeitig große Öffnungsweiten ermöglichen, aber auch dicht und stabil sein. Im Geomar mussten sie auch Brandschutz T30 erfüllen und rauchdicht sein, was zusätzliche technische Lösungen wie spezielle Führungsschienen, verstärkte Dichtungen und komplexe Schließ- und Offenhaltemechanismen erforderte.“
Der hohe technische Aufwand kompliziert Montage und Justierung. Der Verarbeiter koordiniert verschiedene Gewerke wie Elektroinstallation und Steuerungstechnik, um das reibungslose Funktionieren aller Komponenten sicherzustellen. Technisch komplexe Türsysteme erfordern zudem präzise Verarbeitung und regelmäßige Wartung für dauerhafte Funktionsfähigkeit.
Standort: Wischhofstraße 1-3, Kiel, DE
Bauherr: GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, Kiel, DE
Architekt: Staab Architekten, Berlin, DE
Tragwerk: Prof. Feix Ingenieure, München, DE
BGF: Erweiterungsbau 14.500 m², Probenlager 2200 m²
Baukosten: 145 Mio. €
Fertigstellung: 2023
Fotos: Laura Thiesbrummel, München, DE
Verarbeiter: Jens Dunkel Glas- und Bauelemente GmbH, Burg, DE
Schörghuber Produkte: Rauchschutztüren mit Schallschutz Rw = 32 dB 1- und 2-flügelig, teilweise mit Oberblende ohne Zargenquerstück und Lichtausschnitt, Vollspantüren 1- und 2-flügelig, teilweise mit Lichtausschnitt, T30 Brandschutztüren mit Rauch- und Schallschutzfunktion Rw = 32
dB, T30 Brandschutz-/Rauchschutz-Schiebetür mit Holzeckzarge, T90 Brandschutztüren 2-flügelig mit Lichtausschnitt, Schallschutztüren Rw = 32 dB, Brand-/Rauchschutztüren mit
Schallschutz Rw = 37 dB als Stiltüren-Ausführung, Nischentüren, Schleusentüren, Superformat-Türen, Faltstockzargen, Holz-Vorsatzzargen, Holz-Stegzargen
Hörmann Produkte: Stahlblockzargen, 2-geteilte Stahlumfassungszargen zum nachträglichen Einbau
Koordination zwischen Planung und Ausführung
Die Umsetzung erforderte enge Abstimmung zwischen Architekten, Verarbeiter und Hersteller. Dunkel resümiert: „Der Architekt hatte klare Vorstellungen, die mit den individuellen Lösungen von Schörghuber in Einklang gebracht werden mussten. Für uns als Verarbeiter bedeutete dies eine hohe Planungsgenauigkeit, da jede Tür eine spezifische Anforderung erfüllte. Die enge Kooperation half dabei, maßgeschneiderte Lösungen effizient umzusetzen.“
Fassadengestaltung mit maritimem Bezug
Der Baukörper mit Gemeinschaftsräumen, Veranstaltungsbereichen und Haupteingang hat eine Verkleidung aus Cortenstahl erhalten. Die übrigen Kuben besitzen Fassaden aus gefalteten und unterschiedlich perforierten Metallblechen. Die dreieckigen Perforationen erinnern an Segel. Aufgeweitete Flurbereiche bieten Raum für wissenschaftlichen Austausch zwischen den Mitarbeitenden. (mb)