Treppenhaus als einziger Rettungsweg im Brandtest

Forschungsprojekt untersucht alternative Konzepte für Gebäudeaufstockungen in Holzbauweise

Wie sich Treppenhäuser als alleiniger Rettungsweg bei Gebäudeaufstockungen einsetzen lassen, untersucht ein Forschungsteam der Technischen Universität Braunschweig, der Hochschule Magdeburg-Stendal und der Hochschule Rottenburg. Die Wissenschaftler führten dazu im Zentrum für Brandforschung Realversuche in einem zwölf Meter hohen Treppenhaus durch.
Für die Experimente im Realmaßstab wurde an das sogenannte Brandhaus im Zentrum für Brandforschung der TU Braunschweig ein rund zwölf Meter hoher Treppenraum angebaut. © Kristina Rottig/TU Braunschweig
Für die Experimente im Realmaßstab wurde an das sogenannte Brandhaus im Zentrum für Brandforschung der TU Braunschweig ein rund zwölf Meter hoher Treppenraum angebaut. © Kristina Rottig/TU Braunschweig

In mehrgeschossigen Gebäuden schreibt der Gesetzgeber zwei voneinander unabhängige Rettungswege vor: einen über den Treppenraum und einen zweiten über eine für die Feuerwehr zugängliche Stelle wie Balkon oder Fenster. In vielen Städten verhindern jedoch parkende Fahrzeuge, dichter Baumbestand oder Oberleitungen des öffentlichen Nahverkehrs die Aufstellung von Feuerwehrleitern. Kann die Feuerwehr ihre Geräte nicht einsetzen, benötigen Gebäude einen zweiten baulichen Rettungsweg oder einen Sicherheitstreppenraum. Beides lässt sich bei Bestandsgebäuden oft weder technisch noch wirtschaftlich realisieren. Die Folge: Aufstockungen, insbesondere in Holzbauweise, scheitern an brandschutztechnischen Hürden.

Technische Lösungen für den Treppenraum

Das Projekt ALREKO setzt genau hier an. Die Forschenden wollen herausfinden, mit welchen Maßnahmen ein Treppenhaus so verbessert werden kann, dass es als einziger Rettungsweg ausreicht und auch bei einer Aufstockung den heutigen Sicherheitsanforderungen entspricht.

„Damit gehen erhebliche Potenziale für den Holzbau einher, der sich für diese Art von Bauvorhaben besonders eignet. Denn auf diese Weise werden Aufstockungen möglich, die unter den bislang geltenden Randbedingungen grundsätzlich nicht realisiert werden könnten“, sagt Professor Jochen Zehfuß, Leiter des Fachgebiets Brandschutz im Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz der TU Braunschweig.

Das Forschungsteam entwickelt alternative Konzepte für Rettungswege, die ihre wirtschaftliche und attraktive Ausführung in mehrgeschossigen Wohngebäuden ermöglichen. Im Fokus stehen technische Lösungen wie Brandschutztüren, eine intelligente Rauchableitung oder Löschtechnik, die den Treppenraum wirksam vor Rauch und Feuer schützen, ohne massiv in die Statik des Gebäudes einzugreifen oder hohe Kosten zu verursachen.

Versuchsaufbau im Realmaßstab

Für die Versuchsreihe bauten die Forschenden an das sogenannte Brandhaus im Zentrum für Brandforschung der TU Braunschweig einen viergeschossigen, rund zwölf Meter hohen Treppenraum an. In jeder Etage verbinden zwei Türen das Treppenhaus direkt mit einem angrenzenden Raum im mehrgeschossigen Brandhaus, in dessen erster Etage das Team den Brand entfachte.

Um aussagekräftige Erkenntnisse zur Rauchausbreitung zu gewinnen, bauten die Wissenschaftler im zweiten und dritten Obergeschoss pro Etage zwei verschiedene Türvarianten ein. Neben einer speziellen Brandschutztür installierten sie jeweils eine zusätzliche, dicht schließende Tür.

Vier Szenarien im Test

Vier unterschiedliche Szenarien haben die Forschenden in ihrer Versuchsreihe aufgebaut – von Treppenräumen mit nichtbrennbaren Oberflächen mit geschlossener und geöffneter Tür bis zu Holztreppen mit und ohne Löschanlage. Sie zeigen, wie sich verschiedene bauliche Bedingungen auf die Ausbreitung von Feuer und Rauch in einem Bestandsgebäude auswirken. Für die Wissenschaftler stellt sich auch die Frage, welche Folgen ein Ausfall der Löschanlage hätte. Könnten brandschutztechnisch optimierte Türen in diesem Fall ausreichend schützen, selbst wenn der Treppenraum vollständig in Brand steht?

Feuerwehren aus mehreren Großstädten (Berlin, Hamburg, Frankfurt, Magdeburg) nehmen an den Experimenten teil. Die Braunschweiger Feuerwehr sichert die Versuche mit bereitstehenden Einsatzkräften ab.

„Wenn der zweite Rettungsweg nicht über Leitern der Feuerwehr dargestellt werden kann, müssen die Treppenräume so gestaltet werden, dass sie im Brandfall einen sicheren Rettungsweg bieten, damit das Risiko für die Bewohnerinnen und Bewohner nicht steigt“, betont Torge Malchau, Leiter der Feuerwehr Braunschweig.

Projektdaten

Am Projekt ALREKO (Alternatives Rettungswegkonzept) sind die TU Braunschweig, Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (Prof. Dr.-Ing. Jochen Zehfuß), die Hochschule Magdeburg-Stendal (Prof. Dr.-Ing. Björn Kampmeier) und die Hochschule Rottenburg (Prof. Dipl.-Ing. Ludger Dederich) beteiligt. ALREKO wird mit 500.000 Euro von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (Projektträger des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat) und der Industrie gefördert.

Das Zentrum für Brandforschung verfügt über einen Fassadenprüfstand bis zwölf Meter Höhe und ein Großkalorimeter für Freibrandversuche. Hier lassen sich Brände im Realmaßstab mit einer Wärmefreisetzungsrate bis zu 20 Megawatt simulieren, detailliert vermessen und analysieren. Zum Vergleich: Herkömmliche Pkw setzen bei einem Brand rund fünf Megawatt Wärme frei. (mb)

www.tu-braunschweig.de/ibmb

Quelle: EIPOS Europäisches Institut für postgraduale Bildung GmbH

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