34 Einwohner lebten im Osten, 21 im Westen – getrennt durch den Tannbach, einen schmalen Bach, der zur unüberwindbaren Linie zwischen Ost und West wurde. Der frühere US-Präsident George H. W. Bush nannte Mödlareuth bei seinem Besuch 1983 „Little Berlin“. Heute zieht der Ort rund 80.000 Besucher jährlich an.
Das Deutsch-Deutsche Museum hat seinen Erweiterungsbau am 36. Jahrestag des Mauerfalls eröffnet. Drees & Sommer SE aus Stuttgart übernahm im Auftrag des Museums-Zweckverbands die Projektleitung des Bauvorhabens. Das Unternehmen begleitete das Planerauswahlverfahren, managte Fördermittel, agierte als Vergabestelle, sorgte für Anti-Claim-Management und erstellte die Betriebskostenprognose.
Platzmangel erfordert Erweiterung
Das bisherige Hauptgebäude, ein früheres Rittergut in der Dorfmitte, konnte dem Besucherandrang nicht mehr standhalten. Steigende Besucherzahlen, Platzmangel bei Dauer- und Sonderausstellungen, fehlende pädagogische Räume und unzureichende Besucherinfrastruktur machten Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen erforderlich.
„Wir wollten dem wachsenden Interesse mit einem Gebäude begegnen, das nicht nur funktional ist, sondern auch dem Ort gerecht wird“, sagt Oliver Bär, Landrat des Landkreises Hof und Vorsitzender des Zweckverbands Deutsch-Deutsches Museum Mödlareuth. „Ein Museum, das sich ideal in das Dorf einfügt – und sich zugleich öffnet für die Geschichte, die hier sichtbar bleibt.“
Holzbau mit Panoramablick auf Grenzanlagen
Das Kasseler Architekturbüro Atelier 30 gewann den Planungswettbewerb und entwickelte einen schlanken Holzbau, der Elemente bäuerlicher Scheunen aufgreift. Die deckenhohen Panoramafenster bieten freie Sicht auf Grenze, Mauer und Wachturm – die historischen Grenzanlagen bleiben dadurch im Fokus der Besucher. Geöltes Fichtenholz prägt die Fassade, das begrünte Dach fügt das Gebäude in die umgebende Landschaft aus Wiesen und Wäldern ein und bietet Insekten Lebensraum.
Eine Erdwärmepumpe, Dreifach-Wärmeschutzverglasung und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach versorgen das Gebäude mit Energie. Maximilian Loos, Experte für Kulturbauten bei Drees & Sommer, steuerte seit Ende 2020 mit seinem Projektteam sämtliche Projektphasen: von der Auswahl und Steuerung der Planungsbeteiligten über das Fördermittelmanagement bis zur Ausschreibung, Vergabe und Betriebskostenprognose.
Finanzierung durch Bund, Länder und Stiftungen
Die Kostenberechnung veranschlagte rund 22 Millionen Euro für das Bauprojekt. Die Bundesregierung und der Freistaat Bayern unterstützen mit jeweils 5,6 Millionen Euro, der Freistaat Thüringen mit 800.000 Euro. Vier Millionen Euro kommen von der Oberfrankenstiftung, 500.000 Euro von der Bayerischen Landesstiftung.
Freigelände zeigt mehrstufige Grenzbefestigung
Die Umgestaltung des Freigeländes startete im Frühjahr 2022 und endete im Sommer 2023. Neben der original erhaltenen Grenzanlage des Dorfes zeigt das Museum dort eine Zusammenfassung der mehrstufigen Grenzbefestigung der früheren DDR mit ihren Geländeabschnitten und baulichen Elementen. Historisch relevante Punkte im Dorf, etwa frühere Fluchtorte, thematisiert die Ausstellung ebenfalls.
Multimediale Dauerausstellung auf 500 Quadratmetern
Die neue Dauerausstellung erstreckt sich auf knapp 500 Quadratmetern der insgesamt 1.350 Quadratmeter Nutzfläche. Meterhohe Infotafeln, die wie Mauerfragmente im Raum stehen, führen durch vier Epochen vom Kriegsende bis zur Wiedervereinigung. Weitere Räume ermöglichen Besucherbetreuung, Wechselausstellungen und die Präsentation von Archivmaterial. Ein Bistro ergänzt das Angebot.
„Mit dem neuen Erweiterungsbau erzählen wir die Geschichte der Teilung nicht nur, sondern machen sie für verschiedene Altersgruppen erlebbar“, sagt Museumsleiter Robert Lebegern, der seit 1992 die Position innehat. „Texttafeln und Vitrinen reichen heute nicht mehr aus, um Interesse zu wecken.“
Die Ausstellung setzt auf visuelle und digitale Erzählformen: Rund 180 Fotografien, 20 Filme sowie Virtual-Reality-Formate lassen die Zeit der deutschen Teilung lebendig werden. Besucher können in historische Szenen eintauchen, Zeitzeugen in Videointerviews zuhören und ein 3D-Modell des Dorfes erkunden. Das Museum bietet maßgeschneiderte Führungen und Veranstaltungen für Schulklassen an und hat Projekttage sowie mehrtägige Seminare im Angebot. (mb)