Geschlossener Materialkreislauf für Polyurethan-Hartschäume

EU-Projekt entwickelt chemisches Recyclingverfahren für Dämmstoffe aus Bau und Industrie

Das europäische Forschungsprojekt „Circular Form" hat von Oktober 2021 bis September 2025 ein funktionsfähiges Recyclingsystem für Polyurethan-Hartschäume entwickelt und damit erstmals einen geschlossenen Materialkreislauf für diesen Werkstoff in der Baubranche und Geräteindustrie demonstriert.
Auf der Abschlusskonferenz Mitte September 2025 in Brüssel sind die Ergebnisse vorgestellt und mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Industrie diskutiert worden. © Dechema / Photo by Sam Glazier
Auf der Abschlusskonferenz Mitte September 2025 in Brüssel sind die Ergebnisse vorgestellt und mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Industrie diskutiert worden. © Dechema / Photo by Sam Glazier

Vom Abfall zum Rohstoff

Polyurethan-Hartschäume dämmen Gebäude und isolieren Haushaltsgeräte wie Kühlschränke. Nach ihrer Nutzungsphase verbrennen oder deponieren Entsorger das Material jedoch meist – die darin gebundenen Rohstoffe gehen verloren, und die Atmosphäre nimmt zusätzliches CO₂ auf. Das EU-Forschungsprojekt „Circular Form – Systemic expansion of territorial Circular Ecosystems for end-of-life Foam“ suchte nach Auswegen aus dieser Sackgasse.

Mitte September 2025 präsentierte das Projektkonsortium seine Ergebnisse in Brüssel und diskutierte sie mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Industrie. Das Forschungs- und Innovationsprogramm „Horizont 2020″ der Europäischen Union finanzierte das vierjährige Vorhaben. Mehr als 20 Partner aus acht europäischen Ländern arbeiteten zusammen – Chemie- und Entsorgungsunternehmen, Hochschulen, Forschungsinstitute und öffentliche Einrichtungen. Covestro Deutschland AG koordinierte das Konsortium.

Systemische Herangehensweise an komplexe Materialströme

Die Projektpartner analysierten, wie sich ein vollständiger Kreislauf für Polyurethan-Hartschäume realisieren lässt. Drei zentrale Fragen standen im Fokus: Wie gewinnen Recycler die Schäume aus Bauabfällen und Altgeräten effizient zurück? Welche Technologien bereiten die komplex zusammengesetzten Materialien auf? Und wie schaffen digitale Werkzeuge Transparenz über Materialströme?

Chemisches Recycling liefert Rohstoffbausteine

Das Projekt erzielte Ergebnisse auf mehreren Ebenen. Den Schwerpunkt bildete die Weiterentwicklung chemischer Recyclingverfahren. Mit „Smart Pyrolysis“ gewannen die Forscher aus gebrauchten PU-Hartschäumen zentrale Bausteine wie Amine zurück. Tests in Kühlschränken verliefen erfolgreich – die zurückgewonnenen Stoffe ersetzen fossile Rohstoffe gleichwertig. Die Versuche belegen: Ein geschlossener Materialkreislauf funktioniert technisch.

Digitale Produktpässe bringen Transparenz

Auch bei der Digitalisierung machte das Team Fortschritte. Digitale Produktpässe speichern Informationen über Materialzusammensetzungen und stellen sie entlang der gesamten Wertschöpfungskette bereit. Gleichzeitig schützen die Systeme sensible Unternehmensdaten. Erste Anwendungen zeigen: Die Pässe unterstützen Sammlung, Sortierung und Recycling konkret.

Regionale Netzwerke als Transformationslabore

In drei Modellregionen – Nordrhein-Westfalen, Schlesien und Amsterdam – vernetzte das Projekt regionale Akteure aus Industrie, Forschung und Verwaltung. Die Regionen befinden sich in unterschiedlichen Transformationsphasen. Dies ermöglicht es, nachhaltige Pfade und Strategien für eine regionale Kreislaufwirtschaft zu entwickeln, die sich flexibel auf weitere europäische Regionen übertragen lassen.

Optimierung der Gesamtstruktur

Das Team analysierte und optimierte alle Schritte systematisch: von der Rückgewinnung aus Kühlschränken über die Sammlung von Bauabfällen bis zum chemischen Recycling. Die Forscher berechneten optimale Anzahl, Standorte und Größen der Anlagen für die verschiedenen Prozessschritte, um die Kosten zu minimieren.

Ökologische und ökonomische Vorteile nachgewiesen

Lebenszyklusanalysen bestätigen: Die entwickelten Ansätze vermeiden langfristig CO₂ und sparen erhebliche Entsorgungskosten ein. Circular Form zeigt, wie technologische Verfahren, digitale Lösungen und regionale Kooperationen zusammenwirken und eine Kreislaufwirtschaft für PU-Hartschäume ermöglichen. (mb)

Die Projektpartner

Um im Rahmen von Circular Form innovative Lösungen für eine zirkuläre Nutzung von Polyurethan-Hartschäumen zu entwickeln, engagierten sich auf Unternehmensseite neben Covestro Deutschland AG (Deutschland) die Firmen PTS ALBA (Polen), BioBTX (Niederlande), Circularise (Niederlande), Electrolux Italia S.p.A. (Italien), Interzero (Deutschland), IZNAB (Polen), Kingspan (Irland), REDWAVE (Österreich), Sulzer (Schweiz) und Unilin Insulation (Belgien). Die wissenschaftliche Expertise wurde von namhaften Hochschulen eingebracht: der ETH Zürich (Schweiz), der Amsterdam University of Applied Sciences (Niederlande), der Ruhr-Universität Bochum, der RWTH Aachen, der TU Dortmund, der Universität Groningen (Niederlande) sowie der Wrocław University of Economics and Business (Polen). Darüber hinaus verstärkten bedeutende Forschungsinstitute und Netzwerke das Konsortium, darunter das Centrum Wiskunde & Informatica (Niederlande), die DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. (Deutschland), der Euro-Centrum Science and Technology Park (Polen), das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, das Fraunhofer -Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT (Deutschland), das Forschungszentrum Jülich (Deutschland), die Metropole GZM (Polen) sowie das Zentrum für Beratungssysteme in der Technik, Dortmund ZEDO e.V. (Deutschland).

Dieses Projekt wurde im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizont 2020“ der Europäischen Union unter der Grant Agreement Nr. 101036854 gefördert.

www.circular-foam.eu

© Europäisches Institut für postgraduale Bildung GmbH

NEWSLETTER

Nach Anmeldung versorgt Sie der Newsletter kostenfrei 14-tägig mit einer redaktionellen Auswahl aktueller Nachrichten und Berichten des Deutschen Ingenieurblatts.

Ihre E-Mail-Adresse wird ausschließlich zur Versendung des Newsletters verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können sich jederzeit per Abmeldelink im Newsletter abmelden (Datenschutzerklärung des Dienstleisters CleverReach).

Ihre E-Mail-Adresse:

Als Ingenieurkammer-Mitglied bitte nicht anmelden – Sie erhalten bereits exklusiv unseren umfassenderen „Mitglieder-Infoservice“ bzw. können diesen über Ihre Kammer bestellen.

BAUPLANER

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit dem Bauplaner-Newsletter, unserem 14-tägigen E-Mail-Service, der Bauingenieure und Planer über die neuesten Entwicklungen in der Branche informiert. 

Ihre E-Mail-Adresse wird ausschließlich zur Versendung des Bauplaner-Newsletters verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können sich jederzeit per Abmeldelink im Bauplaner-Newsletter abmelden (Datenschutzerklärung des Dienstleisters CleverReach).

Ihre E-Mail-Adresse:

NEUE BEITRÄGE

Anzeige: Lesen Sie jetzt das neue ✶ ALLPLAN Whitepaper ✶