Vom Abfall zum Rohstoff
Polyurethan-Hartschäume dämmen Gebäude und isolieren Haushaltsgeräte wie Kühlschränke. Nach ihrer Nutzungsphase verbrennen oder deponieren Entsorger das Material jedoch meist – die darin gebundenen Rohstoffe gehen verloren, und die Atmosphäre nimmt zusätzliches CO₂ auf. Das EU-Forschungsprojekt „Circular Form – Systemic expansion of territorial Circular Ecosystems for end-of-life Foam“ suchte nach Auswegen aus dieser Sackgasse.
Mitte September 2025 präsentierte das Projektkonsortium seine Ergebnisse in Brüssel und diskutierte sie mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Industrie. Das Forschungs- und Innovationsprogramm „Horizont 2020″ der Europäischen Union finanzierte das vierjährige Vorhaben. Mehr als 20 Partner aus acht europäischen Ländern arbeiteten zusammen – Chemie- und Entsorgungsunternehmen, Hochschulen, Forschungsinstitute und öffentliche Einrichtungen. Covestro Deutschland AG koordinierte das Konsortium.
Systemische Herangehensweise an komplexe Materialströme
Die Projektpartner analysierten, wie sich ein vollständiger Kreislauf für Polyurethan-Hartschäume realisieren lässt. Drei zentrale Fragen standen im Fokus: Wie gewinnen Recycler die Schäume aus Bauabfällen und Altgeräten effizient zurück? Welche Technologien bereiten die komplex zusammengesetzten Materialien auf? Und wie schaffen digitale Werkzeuge Transparenz über Materialströme?
Chemisches Recycling liefert Rohstoffbausteine
Das Projekt erzielte Ergebnisse auf mehreren Ebenen. Den Schwerpunkt bildete die Weiterentwicklung chemischer Recyclingverfahren. Mit „Smart Pyrolysis“ gewannen die Forscher aus gebrauchten PU-Hartschäumen zentrale Bausteine wie Amine zurück. Tests in Kühlschränken verliefen erfolgreich – die zurückgewonnenen Stoffe ersetzen fossile Rohstoffe gleichwertig. Die Versuche belegen: Ein geschlossener Materialkreislauf funktioniert technisch.
Digitale Produktpässe bringen Transparenz
Auch bei der Digitalisierung machte das Team Fortschritte. Digitale Produktpässe speichern Informationen über Materialzusammensetzungen und stellen sie entlang der gesamten Wertschöpfungskette bereit. Gleichzeitig schützen die Systeme sensible Unternehmensdaten. Erste Anwendungen zeigen: Die Pässe unterstützen Sammlung, Sortierung und Recycling konkret.
Regionale Netzwerke als Transformationslabore
In drei Modellregionen – Nordrhein-Westfalen, Schlesien und Amsterdam – vernetzte das Projekt regionale Akteure aus Industrie, Forschung und Verwaltung. Die Regionen befinden sich in unterschiedlichen Transformationsphasen. Dies ermöglicht es, nachhaltige Pfade und Strategien für eine regionale Kreislaufwirtschaft zu entwickeln, die sich flexibel auf weitere europäische Regionen übertragen lassen.
Optimierung der Gesamtstruktur
Das Team analysierte und optimierte alle Schritte systematisch: von der Rückgewinnung aus Kühlschränken über die Sammlung von Bauabfällen bis zum chemischen Recycling. Die Forscher berechneten optimale Anzahl, Standorte und Größen der Anlagen für die verschiedenen Prozessschritte, um die Kosten zu minimieren.
Ökologische und ökonomische Vorteile nachgewiesen
Lebenszyklusanalysen bestätigen: Die entwickelten Ansätze vermeiden langfristig CO₂ und sparen erhebliche Entsorgungskosten ein. Circular Form zeigt, wie technologische Verfahren, digitale Lösungen und regionale Kooperationen zusammenwirken und eine Kreislaufwirtschaft für PU-Hartschäume ermöglichen. (mb)
Um im Rahmen von Circular Form innovative Lösungen für eine zirkuläre Nutzung von Polyurethan-Hartschäumen zu entwickeln, engagierten sich auf Unternehmensseite neben Covestro Deutschland AG (Deutschland) die Firmen PTS ALBA (Polen), BioBTX (Niederlande), Circularise (Niederlande), Electrolux Italia S.p.A. (Italien), Interzero (Deutschland), IZNAB (Polen), Kingspan (Irland), REDWAVE (Österreich), Sulzer (Schweiz) und Unilin Insulation (Belgien). Die wissenschaftliche Expertise wurde von namhaften Hochschulen eingebracht: der ETH Zürich (Schweiz), der Amsterdam University of Applied Sciences (Niederlande), der Ruhr-Universität Bochum, der RWTH Aachen, der TU Dortmund, der Universität Groningen (Niederlande) sowie der Wrocław University of Economics and Business (Polen). Darüber hinaus verstärkten bedeutende Forschungsinstitute und Netzwerke das Konsortium, darunter das Centrum Wiskunde & Informatica (Niederlande), die DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. (Deutschland), der Euro-Centrum Science and Technology Park (Polen), das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, das Fraunhofer -Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT (Deutschland), das Forschungszentrum Jülich (Deutschland), die Metropole GZM (Polen) sowie das Zentrum für Beratungssysteme in der Technik, Dortmund ZEDO e.V. (Deutschland).
Dieses Projekt wurde im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizont 2020“ der Europäischen Union unter der Grant Agreement Nr. 101036854 gefördert.