Dieser Teilnahmerekord ist für ein Spezialgebiet des Bauingenieurwesens ein beachtenswerter Erfolg und zeigt die besondere Bedeutung dieser wichtigen Aufgabe für die Erhaltung der Infrastruktur. Begleitet wurde die Veranstaltung durch eine Fachausstellung mit 43 Ausstellern und einem gut besuchten Get-Together am Abend.
In seiner Begrüßungsansprache betonte der neue Vorstandsvorsitzende des VFIB, Herr MR Dipl.-Ing. Robert Bayerstorfer, dass die Bauwerksprüfingenieure aufgrund des aktuellen Zustands der Infrastruktur weiterhin vor großen Herausforderungen stehen. Diese Aufgabe könne nur bewältigt werden, wenn bestens ausgebildete Fachleute zur Verfügung stehen. Dafür stehe der VFIB, für den Qualitätssicherung und Fortbildung oberste Priorität haben.
In acht Vorträgen mit Referenten aus dem In- und Ausland wurden neben Berichten über Schäden an Bauwerken vor allem über die zunehmende Digitalisierung der Bauwerksprüfung berichtet. Zentrales Thema war dabei u. a. die anstehende Überarbeitung der DIN 1076 mit einer Öffnung zu digitalen und bildgebenden Prüfverfahren als Ergänzung zur klassischen Bauwerksprüfung. Besondere Bedeutung hat dabei das bereits bei der Planung verwendete BIM-Modell, bei dem als sogenannter digitaler Zwilling alle Informationen und Daten zusammenfließen sollen. Auf die hierzu notwendigen Austauschformate und Schnittstellen wurde in mehreren Vorträgen eingegangen und Lösungen aufgezeigt. Am konkreten Beispiel der Alten Nibelungenbrücke Worms wurde beispielhaft erläutert, mit welchen Maßnahmen dieses historische Bauwerk unter Anwendung des digitalen Zwillings im Rahmen eines Forschungsvorhabens zur Nutzungsverlängerung weiterbetrieben werden kann.
Besonderes Interesse bestand naturgemäß am Vortrag von Herrn MR Prof. Dr.-Ing. Gero Marzahn zu Untersuchungsergebnissen und Erkenntnissen aus dem plötzlichen und unerwarteten Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden. Als vorläufiges Ergebnis gibt es inzwischen einige Erkenntnisse zur Vorselektion solcher Brücken, mögliche Konsequenzen und Handlungsanweisungen werden derzeit erarbeitet.
Wie wichtig qualifizierte und sorgfältige Bauwerksprüfungen sind, zeigten einige konkrete Beispiele. So zum Beispiel bei der Luegbrücke im Zuge der A 13 Brennerautobahn, einer 1966 bis 1968 gebauten 1.804 Meter langen Hangbrücke, bei der u. a. Hangbewegungen in einem Pfeilerbereich und Korrosionsschäden an Koppelfugen und Bauwerksfugen festgestellt wurden. Nur mit aufwendigen Erhaltungsmaßnahmen, verkehrlichen Einschränkungen und einem umfangreichen Monitoring kann die Brücke weiterhin in Betrieb gehalten werden. Dies gilt auch für die zweithöchste Brücke Deutschlands, die Moseltalbrücke Winningen im Zuge der A 61, bei der im Rahmen der handnahen Prüfung signifikante Risse in den oberen Querträgern festgestellt wurden. Bei der Rosensteinbrücke in Stuttgart führte eine vertiefte Bauwerksprüfung mit begleitenden statischen Berechnungen dazu, dass die Brücke umgehend für den Verkehr gesperrt und der Rückbau eingeleitet wurde. Grund war bei der von Fritz Leonhardt geplanten Brücke vor allem der spannungsrissgefährdete Spannstahl, bei dem starke Korrosion und mehrere Drahtbrüche festgestellt wurden. Die Beispiele zeigten eindrücklich, welch hohe Verantwortung Bauwerksprüfingenieure haben!
Abgerundet wurde die Vortragsreihe mit Vorträgen über die Organisation und Durchführung der Bauwerksprüfung in der Schweiz, eine schwierige Instandsetzung an der Loithalbrücke im Zuge der A 8 und die Neuentwicklung eines mobilen Prüfgeräts zur Prüfung von bis zu 10 Meter hohen Lärmschutzwänden durch die Firma Moog.
Sehr erfreulich war die Teilnahme vieler Bauwerksprüfingenieure aus dem kommunalen Bereich, denn auch hier gibt es eine große Zahl von großen und kleinen Brücken, die regelmäßig überprüft werden müssen.
Ausführliche Informationen zur Fachtagung können dem 77. Newsletter auf der Homepage des VFIB entnommen werden, der Tagungsband kann online bei der Geschäftsstelle des VFIB unter info@vfib-ev.de bestellt werden.
MR a. D. Dipl.-Ing. Joachim Naumann, VFIB- Ehrenmitglied