Hinter der markanten Lamellenfassade aus Fichtenholz arbeiten dezentrale Lüftungssysteme von Schüco, deren Leistungsfähigkeit ein Forschungsteam kontinuierlich auswertet.
Viergeschossiger Quader als Versuchslabor
Am südlichen Rand von Donauwörth, im Gewerbegebiet an der Südspange, steht seit wenigen Monaten ein viergeschossiger Neubau, der auf den ersten Blick durch seine außergewöhnliche Gestaltung auffällt. Der klar gegliederte Quader, den Obel Architekten als eigenes Bürogebäude konzipierte, bietet auf rund 2.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche flexibel nutzbare Büroflächen für rund 75 Mitarbeitende.

Eine vorgesetzte Lamellenfassade aus Holz prägt das architektonische Erscheinungsbild des Neubaus maßgeblich. Die vertikal angeordneten, jeweils 14 Meter langen und 80 Millimeter breiten, sägerauen Fichtenholzbalken erzeugen ein lebendiges Spiel aus Licht und Schatten und verleihen dem Gebäude eine fast skulpturale Wirkung. „Gleichzeitig schützen sie die dahinterliegende Gebäudehülle vor direkter Sonneneinstrahlung, reduzieren so die sommerliche Aufheizung der Fassade und tragen damit zur passiven Kühlung bei“, wie Architekt Wolfgang Obel erklärt. „Zugleich lässt die Lamellenfassade ausreichend Tageslicht ins Innere und bewahrt den Sichtbezug nach außen.“ Konstruktiv dient sie zudem als Tragstruktur für die dahinter auf sämtlichen Ebenen durchlaufenden Stahlbalkone, die als zweiter Rettungsweg dienen. Sämtliche Außenwände, tragenden Innenwände und Geschossdecken führten die Planer in Stahlbeton aus, um so eine optimierte Speicherfähigkeit zu erreichen. Die in den Sommermonaten gespeicherte Nachtkühle sorgt tagsüber für ein angenehmes Raumklima.
Drei Lüftungsvarianten unter einem Dach im direkten Vergleich
Im Innenraum findet sich auf allen vier Ebenen ein quadratischer Grundriss mit zentralem Versorgungskern. Sorgfältig detaillierte Oberflächen und natürliche Materialien schaffen in sämtlichen Bereichen ein angenehmes Raumgefühl und eine ruhige, konzentrierte Arbeitsatmosphäre. Die Behaglichkeit optimieren Konzepte zur Belüftung, Klimatisierung und Gebäudesteuerung, deren Einsatz hier unter realen Bedingungen ein Forschungsteam wissenschaftlich begleitet. Kern des Forschungsansatzes bildet der direkte Vergleich dreier verschiedener Lüftungskonzepte, von der klassischen Fensterlüftung bis zur hochautomatisierten Lösung, die hier geschossweise zum Einsatz kommen.

Im Erdgeschoss und im dritten Obergeschoss nutzten die Planer das manuell zu öffnende, dreifach verglaste Aluminiumfenster Schüco AWS 75.SI – eine klassische Fensterlüftung, bei der das Raumklima vom individuellen Lüftungsverhalten der Nutzer abhängt. Im ersten Obergeschoss verbauten sie demgegenüber das mechatronische, sensorgesteuert öffenbare Fenster Schüco TipTronic SimplySmart. Das System bietet ein komplett geprüftes System aus Beschlag, Profilsystem und verdeckt liegender Antriebstechnik, das sich mit seinen flexiblen Elementgrößen in nahezu allen Schüco Fenstersystemen einbinden lässt. Ein drittes Lösungskonzept erproben die Architekten im zweiten Obergeschoss: Hier sorgt das fensterintegrierte Lüftungssystem Schüco VentoTherm Twist für kontrollierte Frischluftzufuhr. „Zusätzlich erfolgt dabei auch eine Wärmerückgewinnung von bis zu 80 Prozent, die eine deutliche Reduzierung des Heizbedarfs ermöglicht“, erklärt Henning Köln, Leiter Technisches Produktmanagement Smart Building bei Schüco.
Umfangreiche Sensorik erfasst alle relevanten Parameter
Der Einbau der drei unterschiedlichen Lüftungssysteme von Schüco im neuen Bürogebäude von Obel Architekten verfolgt einen systematischen Vergleich der verschiedenen Systeme unter realen Nutzungsbedingungen: „Ähnliche Untersuchungen gab es bislang nur im Labor“, erklärt Wolfgang Obel. „Unser Neubau ist das erste Gebäude in Deutschland, das in dieser Hinsicht unter echten Bedingungen validierte Ergebnisse liefern kann.“
Um eine belastbare Datengrundlage für diesen Vergleich zu erhalten, statteten die Planer das gesamte Gebäude mit einer umfangreichen Sensorik aus, die kontinuierlich Raumklima, Luftqualität, Temperaturverläufe, Energieverbrauch und Nutzerverhalten erfasst und dokumentiert: „Dabei wird zum Beispiel über Kameras die Belegungsdichte sowie die Frequenz der Raumnutzung durch die Zugangstür erfasst“, erklärt Wolfgang Obel. „Zudem prüfen Wärmefühler in Bodennähe, auf Nasenhöhe sowie unter der Decke die Effizienz der Nachtauskühlung und deren Wirkung auf das Raumklima.“
Die Auswertung der ersten Messphase erfolgte in Kooperation mit dem Campus Feuchtwangen der Hochschule Ansbach. Im Rahmen einer Masterarbeit im Studiengang Sustainable Building Systems analysierte ein Forscherteam die erfassten Klimawerte und erfasste das Nutzerfeedback der verschiedenen Varianten. „Ziel ist es, genau zu verstehen, wie sich die verschiedenen Systeme im Alltag bewähren“, so Henning Köln. „Also: Was bewirken geöffnete Fenster wirklich? Und wie effizient arbeitet ein automatisiertes System im Vergleich?“ Die Ergebnisse der ersten Messphase zeigen: Die Luftqualität im gesamten Gebäude liegt über den Erwartungen. In den folgenden Messphasen richtet das Team ein besonderes Augenmerk auf die Effektivität der Nachtauskühlung und die Ermittlung der energetischen Vorteile der automatisierten Systeme.

Dezentrale Technik spart Raum und Energie
Alle eingesetzten Systeme mit Ausnahme der klassischen Fensterlüftung arbeiten dezentral. Das bietet deutliche Vorteile: Denn anders als herkömmliche Lüftungsanlagen benötigen das Fenster Schüco TipTronic SimplySmart und das fensterintegrierte Lüftungssystem Schüco VentoTherm Twist keine Technikzentrale oder aufwendige Luftkanäle. Das sorgt nicht nur für einen deutlich reduzierten Strombedarf im Hinblick auf den sonst erforderlichen Lufttransport, sondern spart auch Platz, Material und macht die Lösungen nahezu unsichtbar: „Klassische zentrale Lüftungssysteme erfordern große Kanäle und oft abgehängte Decken, um diese zu verbergen“, erklärt Henning Köln. „Dezentrale Lösungen sind wesentlich kompakter, schonen die Raumhöhe und eröffnen architektonische Freiheiten. Gerade bei Sanierungen sind solche fensterintegrierten Lüftungen oft die einzige praktikable Option. Und mit dem Fenstertausch lässt sich dann auch die Lüftung gleich mit erneuern.“
Die mechatronischen Fenster koppelte das Planungsteam an die Gebäudehüllensteuerung Schüco Building Skin Control (BSC). Das System ermöglicht die Steuerung und Überwachung der Elemente und stellt die Schnittstelle zur Gebäudeleittechnik dar. Bei Regen oder Sturm sorgt BSC darüber hinaus für Sicherheit, da die Elemente sich automatisch schließen. „Die Anbindung der mechatronischen Fenster und des Lüftungssystems an die KNX-basierte Gebäudeleittechnik sorgt außerdem dafür, dass sich der Luftwechsel je nach Temperatur, CO₂-Gehalt oder weiteren Klimadaten automatisiert steuern lässt“, erklärt Henning Köln. Im Ergebnis ermöglicht das System damit eine breite Palette energiesparender Funktionen wie Spaltlüften, Zeitlüften oder Nachtauskühlung. Zusätzlich gibt es eine ebenfalls direkt mit der Gebäudeleittechnik verbundene App, über die Nutzer individuelle Einstellungen vornehmen können, um den Frischluftbedarf oder andere Komfortparameter an die Bedürfnisse anzupassen: „Entsteht zum Beispiel ein Unwohlsein, dann lässt sich das Raumklima sofort per Smartphone optimieren oder die Fenster können per Tastendruck am TipTronic Griff geschlossen werden“, so Henning Köln.
Objekt: Bürogebäude Obel, Donauwörth
Architekturbüro: Obel Architekten, Donauwörth
Bauherr: Obel Architekten, Donauwörth
Schüco Systeme:
Dezentrales Lüftungsgerät Schüco VentoTherm Twist mit Wärmerückgewinnung
Mechatronische Fenster mit verdeckt liegenden Antrieben, Schüco TipTronic Simply Smart
Gebäudehüllensteuerung Schüco Building Skin Control (BSC)
Fassade Schüco FWS 60 CV
Schüco Fenster AWS 75.SI
Türsystem Schüco AD UP
Brandschutztüren Schüco ADS 80 FR30 im Treppenhaus
Langzeitdaten fließen direkt in Produktentwicklung ein
Für Wolfgang Obel hat das gemeinsame Projekt mit Schüco einen doppelten Nutzen: Denn neben den klimatischen Vorteilen bei der eigenen Arbeit können die Erfahrungen aus dem eigenen Büro auch direkt in die Planung neuer Bauvorhaben einfließen. Und auch Schüco profitiert von den erhobenen Langzeitdaten, die direkt in die Produktentwicklung zurückfließen. Beide Partner wollen die Ergebnisse nutzen, um Kunden entsprechend ihrer individuellen Objektanforderungen die passende Lösung vorzuschlagen.
Das Konzept des Neubaus ergänzt ein nachhaltiges Energie- und Klimasystem: „Die Energieversorgung für Heizung und Kühlung erfolgt über Geothermie mit Erdkörben in einem geschlossenen Kreislaufsystem und zwei Wärmepumpen“, erklärt Wolfgang Obel. „Und die Stromversorgung erfolgt weitgehend über eine Photovoltaikanlage auf dem Dach.“ Sämtliche Systeme steuert ebenso wie die Lüftung zentral die KNX-basierte Gebäudeleittechnik. Individuelle Eingriffe ermöglicht auch hier komfortabel eine App. Im Zusammenspiel von Architektur und Gebäudetechnik entstand ein hocheffizientes Gebäude, das sich mit einfachen, aber sehr dauerhaften und ressourcenschonenden baulichen Komponenten das ganze Jahr hinweg effizient, komfortabel und nutzerfreundlich regulieren lässt. Zum Wohle der Mitarbeitenden und der Umwelt gleichermaßen. (mb)