Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) hat das Projekt zu 80 Prozent finanziert, das Land Berlin steuerte 20 Prozent über das Berliner Programm für nachhaltige Entwicklung (BENE 2) bei. Die geplante Entkopplung würde circa 135.000 Quadratmeter versiegelte Fläche umfassen.
Mischkanalisation als Schwachstelle bei Starkregenereignissen
„Berlin verfügt wie viele Großstädte über eine Mischkanalisation“, erklärt Jörg Schreckenberg, Fachbereichsleiter Grünflächenmanagement beim Bezirksamt Lichtenberg. „Bei Starkregen läuft sie schnell über und verursacht dort Überschwemmungen, wo das Wasser am wenigsten gebraucht wird.“ Die geplanten Maßnahmen sehen vor, die 24 Schulen vom Anschluss an das Kanalnetz der Berliner Wasserbetriebe zu trennen. Das Niederschlagswasser soll künftig direkt auf den Grundstücken gesammelt, versickert oder wiederverwendet werden.
Auswahlkriterien und Bestandsaufnahme
Die Berliner Regenwasseragentur wählte gemeinsam mit dem Bezirksamt 24 von 90 Liegenschaften für die detaillierte Analyse aus. Ausschlaggebend waren Kriterien wie Bodendurchlässigkeit und Flurabstand zum Grundwasser. Ramona Jones, Projektleiterin und Expertin für nachhaltige Stadtentwicklung und urbanes Wassermanagement bei Drees & Sommer, führte eine umfassende Grundlagenermittlung durch. „Wir erfassten unter anderem die Versickerungsfähigkeit der Böden, den Aspekt Denkmalschutz, die Beschaffenheit der Dächer und ob es sich um ein Wasserschutzgebiet handelt. Die Infos dazu haben sich aus Rundgängen vor Ort und aus öffentlich zugänglichen Daten ergeben“, so Jones.
Die Bestandsaufnahme zeigt unterschiedliche Ausgangssituationen: Einige Schulen verfügen bereits über große Versickerungsflächen, gering versiegelte Böden und vereinzelt Regentonnen auf den Schulhöfen. Bei anderen Liegenschaften besteht erheblicher Handlungsbedarf.
Technische Lösungsansätze: Mulden, Rigolen und Entsiegelung
Das Gutachten definiert verschiedene technische Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung. Grün- und Versickerungsflächen nehmen Niederschlagswasser auf, speichern es und lassen es versickern – das sogenannte Schwammstadt-Prinzip. „Sogenannte Mulden eignen sich inmitten dieser Grünflächen besonders gut, weil man in ihnen zusätzlich Bäume pflanzen kann und sie sich biodivers gestalten lassen“, erläutert Jones.
Als Alternative beschreibt das Gutachten den Einsatz von Rigolen. „Die kann man sich vorstellen wie Cola-Kästen, die aneinandergereiht und mit Vlies ummantelt in der Erde eingebaut sind. Sobald es regnet, sammelt sich das Wasser darin und versickert“, erklärt die Projektleiterin. Zusätzlich lassen sich asphaltierte Flächen wie Schulhöfe und Parkplätze mindestens teilweise entsiegeln.
Dimensionierung und Kostenbewertung
Das Team dimensionierte die verschiedenen Methoden der Regenwasserspeicherung, -versickerung und -wiederverwendung grob, verortete sie räumlich und bewertete die zu erwartenden Kosten. „Gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels, der mit häufigeren Starkregenereignissen und veränderten Niederschlagsmustern einhergeht, sollten wir betonen, dass die entstehenden Kosten der genannten Maßnahmen im Vergleich zu jenen verschwindend gering sind, die aufkommen würden, wenn man untätig bliebe“, so Jones.
Übergabe an das Grünflächenamt
Für jede der 24 Schulliegenschaften erstellte das Projektteam einen Lageplan sowie ein Dokument mit den Analyseergebnissen. „Das ist die Grundlage für weitere Entscheidungen und Ausschreibungen. Wir haben die Dokumente kürzlich an das Grünflächenamt übergeben, das nun entscheidet, welche Maßnahmen realisiert werden können und welche der 24 Schulen Vorrang haben“, sagt Ramona Jones. Die Erkenntnisse sollen als Referenz für zukünftige Schulprojekte im Bereich der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Berlin dienen.
Amortisation binnen fünf bis 15 Jahren
„Mit dem Gutachten an den 24 Schulen tragen wir aktiv dazu bei, Lichtenberg fit für die Zukunft zu machen. Als schöner Nebeneffekt etablieren sich die Schulen gleichzeitig zu interaktiven Lernorten, die das Bewusstsein für eine wassersensible Stadt bei den Schülerinnen und Schülern fördern und erlebbar machen“, sagt Jörg Schreckenberg. Neben den positiven Effekten der Versickerung und einer nachhaltigen Regenwasserbewirtschaftung seien aber auch Einsparungen bei den Niederschlagswasserentgelten der Berliner Wasserbetriebe möglich und die baulichen Maßnahmen ließen sich innerhalb von fünf bis 15 Jahren amortisieren, so der Fachbereichsleiter des Grünflächenamts. (mb)