Münchner Studierendenwohnanlage kombiniert Verdichtung mit Lärmschutz

Schallschutz durch bewegliche Glasfassaden

Eine privatfinanzierte Studierendenwohnanlage mit 65 Apartments zeigt, wie sich durch vorgehängte Glaselemente Wohnraum mit Außenraumbezug auch an stark befahrenen Straßen realisieren lässt. Die Schiebe-Dreh-Verglasung fungiert als Schallpuffer gegen den Verkehrslärm des Mittleren Rings in München.
Die unterschiedlich geneigten Seitenflächen der Kuben erzeugen ein facettenreiches Licht- und Schattenspiel. © Rainer Taepper
Die unterschiedlich geneigten Seitenflächen der Kuben erzeugen ein facettenreiches Licht- und Schattenspiel. © Rainer Taepper

Städtebauliche Einbindung am Mittleren Ring
Der Mittlere Ring zählt zu den Hauptverkehrsadern Münchens und erzeugt erhebliche Lärmbelastungen für angrenzende Gebäude. An der Kreuzung Chiemgaustraße/Kagerstraße im Stadtteil Giesing entstand 2024 eine neue Studierendenwohnanlage der BPD Immobilienentwicklung, Region Südost. Das Münchner Architekturbüro juergenSeifert.com Architektur entwickelte für die begrenzte Grundstücksfläche ein Konzept mit ausgeprägter Fassadenmodulation.

Der Architekt Jürgen Seifert begegnete den Herausforderungen der innerstädtischen Lage und der begrenzten Grundstücksfläche mit einem Stadtbaustein, der eine zuvor offene Straßenecke schließt. Entlang der Chiemgaustraße setzt ein sechsstöckiger Baukörper den Abschluss der bestehenden Blockrandstruktur. Ein zurückversetzter Aufbau als Staffelgeschoss mit Flachdach hebt das Gebäude aus dem städtischen Kontext hervor. Das vier Etagen umfassende Bauvolumen mit Satteldach an der Kagerstraße reagiert auf die niedrigere Nachbarbebauung und greift deren kleinteiligen Maßstab auf.

Die Fassadengliederung mit markanten Vor- und Rücksprüngen verleiht dem Gebäude einen eigenständigen Charakter mit hohem Wiedererkennungswert. © Rainer Taepper
Die Fassadengliederung mit markanten Vor- und Rücksprüngen verleiht dem Gebäude einen eigenständigen Charakter mit hohem Wiedererkennungswert. © Rainer Taepper

Raumkonzept für 65 Wohneinheiten
Die Wohnanlage umfasst 65 Einzelapartments mit Wohnflächen zwischen achtzehn und 37 Quadratmetern, davon ist ein Drittel barrierefrei ausgeführt. Jedes Apartment verfügt über ein Bad, eine Küchenzeile und bodentiefe Fenster. Kleine Terrassen, Balkone und Loggien erweitern die Wohnflächen nach außen.

Gemeinschaftsbereiche fördern das studentische Miteinander. Im Erdgeschoss befinden sich zwei große Räume mit Küche beziehungsweise Sitzgelegenheiten, die sich straßenseitig zu kleinen Gärten öffnen. Eine weitere überdachte Fläche mit Sitzstufen befindet sich im Durchgangsbereich zwischen Eingang und Innenhof. Eine geschützte Dachterrasse im eingeschnittenen Satteldach nutzt die Abschirmung durch die höhere Bebauung am Mittleren Ring. Eine Tiefgarage mit zwölf Duplex- und einem Einzelstellplatz, ein Fahrradraum sowie individuell nutzbare Abstellflächen ergänzen das Raumangebot.

Bautafel

Projekt: Studierendenwohnanlage mit 65 Apartments
Architektur: juergenSeifert.com ARCHITEKTUR planen & beraten GmbH
Adresse: Chiemgaustraße 147, 81549 München-Giesing
Bauherr: BPD Immobilienentwicklung GmbH
Energiestandard: KfW-55-Standard
Apartments: Ca. 18 m² bis ca. 37 m² Wohnfläche
Ausstattung: Eichen-Fertigparkett, Fußbodenheizung, Einbauküche, je Einzelapartment eine Abstellfläche im Untergeschoss
Gemeinschaftsflächen: 2x Gemeinschaftsraum, Gemeinschaftsterrasse, Waschraum, Fahrradraum im Untergeschoss, Aufzug in alle Etagen, 12 TG-Duplexstellplätze und ein Einzelstellplatz

Fassadensystem mit Schallschutzfunktion
Die reliefartige Fassadengestaltung mit markanten Vor- und Rücksprüngen prägt das Erscheinungsbild des Gebäudes. Auf den straßenseitigen Fassaden wechseln sich Loggien aus Glas mit einer Auskragung von bis zu einem Meter und Stahlbeton-Fertigteile mit einer Tiefe von eineinhalb Metern ab. Ihre Anordnung folgt einem Raster, das die Abmessungen der Studierendenapartments vorgibt.

Die Glasflächen, die oberhalb der Brüstung als Schiebe-Dreh-Elemente ausgeführt sind, dienen funktional als Lärmschutz. Geöffnet verwandeln sie die Balkonloggien in private Freisitze. Die Verglasungen fungieren zugleich als Pufferzone mit solaren Einträgen, reduzieren Transmissionswärmeverluste und tragen zu einer energieeffizienten Gebäudehülle bei.

Für die ruhigere Rückseite des Gebäudes wählte der Architekt ein anderes Gestaltungsmotiv. Geschwungene Balkone mit filigranen, in sich verdrehten Stabgeländern akzentuieren die Fassade zum Innenhof. Von Geschoss zu Geschoss verändert sich das Verhältnis von Privatheit und Ausblick. Mit zunehmender Höhe öffnen sich die Drehungen der Geländerstäbe, wodurch der Sichtschutz abnimmt und die Aussicht besser wird.

Für die Rückseite des Gebäudes wählte der Architekt ein anderes Gestaltungsmotiv. Geschwungene Balkone mit Stabgeländer akzentuieren die Fassade. © Rainer Taepper
Für die Rückseite des Gebäudes wählte der Architekt ein anderes Gestaltungsmotiv. Geschwungene Balkone mit Stabgeländer akzentuieren die Fassade. © Rainer Taepper

Technische Umsetzung der Glaselemente
Für den Lichteinfall und Schallschutz kamen in den öffenbaren Verglasungen der Balkonloggien Schiebe-Dreh-Elemente des Systems Proline T von Solarlux zum Einsatz. Auf Wunsch des Architekten kombinierte der Hersteller diese mit gerahmten Festverglasungen als Brüstungselemente für schlanke Profilansichten. Bei geschlossenen beweglichen Glasflächen erfolgt der notwendige Luftaustausch über drei Millimeter schmale Lüftungsspalte zwischen den einzelnen Segmenten.

Die Bedienung folgt dem Schiebe-Dreh-Prinzip: Jedes Glaselement läuft oben und unten in einer Führungsschiene, lässt sich seitlich verschieben und um 90 Grad nach innen drehen. So parken die Elemente platzsparend als unauffällige Glaspakete auf einer Seite. Bei den Ganzglas-Kuben lassen sich zusätzlich die seitlichen Verglasungen zur Hauswand hin auffalten – so entstehen Freisitze mit offenem Eckbereich. (mb)

www.solarlux.com

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