1,3 Milliarden Menschen – dreimal Europa
Warum ihn diese Frage antrieb, ein Forschungssemester bei sengender Hitze, sintflutartigen Regenfällen, in Schlamm und auf von Schlaglöchern perforierten rotstaubigen Pisten zu absolvieren und darüber das Buch „Bauen in Afrika“ zu schreiben, ist eine Zahl: 1,3 Milliarden. Nach Prognosen der „World Population Prospects 2024“ der Vereinten Nationen wird die Bevölkerung Afrikas bis 2050 sich um diese Zahl erhöhen. Derzeit leben laut Schätzungen 1,48 Milliarden Menschen in Afrika. „Diese 1,3 Milliarden Menschen werden Wohnungen brauchen, Schulen, Krankenhäuser, Straßen, Brücken, Eisenbahnen, müssen mit Energie versorgt werden, benötigen Zugang zu sauberem Wasser. 1,3 Milliarden Menschen sind das Dreifache der EU-Bevölkerung. Das heißt die gesamte Infrastruktur Europas müsste in den kommenden 25 Jahren in Afrika dreimal neu gebaut werden“, sagt Mike Schlaich. Und dies vor dem Hintergrund, dass bereits jetzt für Millionen von Menschen auf dem Kontinent diese Infrastruktur fehlt. In der Wüste Bayuda im Sudan beobachtet er auf seiner Reise, wie sich die Menschen aus einem Brunnenloch mit Eseln und aus Ziegenhäuten zusammengenähten Säcken mit Trinkwasser versorgen. „Nur sieben Prozent der Bevölkerung haben in Sudan Wasser- und Abwasseranschluss … und laut UNICEF verfügen in diesem Land nur 53 Prozent der ländlichen Haushalte über Zugang zu Trinkwasserquellen, die innerhalb von 30 Minuten zu Fuß erreichbar sind“, schreibt Mike Schlaich über dieses Land.

Regionale Bedingungen – regionale Lösungen?
Sein Buch „Bauen in Afrika“, jüngst im DOM publisher-Verlag erschienen, beruht auf seinem Tagebuch, das er während seines sechsmonatigen Forschungssemesters 2022 durch den afrikanischen Kontinent führte. Das Motiv seiner Reise: Er möchte sich einen Eindruck verschaffen über das Bauingenieurwesen in Forschung, Lehre und Praxis in den zwölf bereisten Ländern des südlichen und östlichen Afrikas, über Brücken, Straßen, Gebäude, Wohnhäuser. Er sucht Antworten auf die Fragen: Gibt es einen jeweils landeseigenen Bauingenieur-Ansatz, der auf den regionalen Bedingungen (Geografie, Klima, Materialien, Bautraditionen) fußt und sich dem prognostizierten Bevölkerungswachstum stellt? Werden Nachhaltigkeitsfragen behandelt? Spricht man im jeweiligen Land von einer Ingenieurbaukunst, also von einem Bauingenieurwesen mit formal und technisch anspruchsvollen Bauwerken?
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