Das EU-weite Forschungsprojekt InnovaConcrete hat sich zum Ziel gesetzt, Materialien und Methoden zu entwickeln, mit denen geschädigte Betonbauwerke saniert werden können, um sie als kulturelles Erbe zu bewahren. Mit dabei: ein Forschungsteam der TU Darmstadt, das mit dem Lichtenberg-Hochleistungsrechner simuliert, wie sich der Werkstoff Beton unter verschiedenen Einflüssen verhält.
Bauwerke aus Beton sind allgegenwärtig und stehen teilweise – wie etwa die Jahrhunderthalle in Breslau – auf der UNESCO-Liste für Weltkulturerbe. Der Baustoff gilt als robust und langlebig, dennoch unterliegt er Alterungsprozessen. Zunehmend stellt sich die Frage, wie mit maroden Betonbauten verfahren werden soll. Trotz des unverwüstlich wirkenden Erscheinungsbilds setzen Witterung, Alterungsprozesse sowie chemische und biologische Einflüsse dem Material im Lauf der Zeit erheblich zu. Das sieht nicht nur unansehnlich aus, sondern gefährdet langfristig auch die Stabilität.
An der Frage, wie sich geschädigte Betonbauwerke am besten sanieren lassen, wird in der Werkstoff-Forschung schon länger gearbeitet. Lösungen werden dabei nicht mehr nur experimentell im Labor gesucht, sondern auch durch theoretische Ansätze mit Hilfe von Simulationen am Computer ermittelt. An der TU Darmstadt kommen zudem sogenannte Multiskalenmodelle zum Einsatz. Das bedeutet, dass mehrere Teilmodelle, die das Werkstoffverhalten von Beton in unterschiedlichen Größenbereichen simulieren, miteinander gekoppelt werden. So lassen sich sowohl mechanische Einflüsse (im Zentimeterbereich), als auch physikalische (auf Mikrometer-Ebene) und chemische Prozesse (im Nanometerbereich), die jeweils unterschiedlich simuliert werden müssen, gemeinsam darstellen.
Ziel ist, mit einem Computermodell das Werkstoffverhalten von Beton zu simulieren, um so Aussagen zum Langzeitverhalten treffen zu können. Dafür wird zunächst das Werkstoffverhalten von „frischem“ Beton simuliert. Darauf aufbauend folgt eine Simulation, wie sich Beton im Lauf der Zeit verändert und „altert“ und typische Schädigungen aufweist. So soll der Zustand historischer Beton-Bauwerke möglichst gut wiedergegeben werden. Zusätzlich soll sich im Modell auch darstellen lassen, ob und wie neuartige Beton-Sanierungsprodukte und -methoden auf Werkstoffebene funktionieren.
„Beton ist kein unveränderlicher Werkstoff, der immer gleich bleibt, sondern es laufen langsam aber kontinuierlich Reaktionen ab“, erklärt Professor Eddie Koenders, Leiter des Instituts für Werkstoffe im Bauwesen (WiB) der TU Darmstadt. Kohlendioxid, Salze, aber auch Regenwasser und andere Umwelteinflüsse von außen sowie chemische und physikalische Prozesse im Inneren führen dazu, dass Beton seine ursprüngliche Zusammensetzung verändert und mit der Zeit an Festigkeit verliert. Die klassischen Grenzen der Werkstoffkunde hat das Forschungsteam dabei längst hinter sich gelassen.